Entscheidungsstichwort (Thema)
Baurecht. Friedrichshain-Kreuzberg. Sanierungsrecht. Sanierungsziel „Verdrängungsschutz”. Genehmigung. Nebenbestimmungen. Auflage „Mietobergrenze”. (keine) modifizierende Auflage. Bedingung „sozialplangemäße Vereinbarung”. Sozialplan. Modernisierungsvereinbarung. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Berufungszulassung. Zulassung der Sprungrevision
Leitsatz (amtlich)
1. Der Schutz der angestammten Wohnbevölkerung vor Verdrängung ist kein nach § 136 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, § 145 Abs. 2 BauGB zulässiges verbindliches Sanierungsziel, zu dessen Sicherung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung von Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten selbständige Auflagen „Mietobergrenzen” für die Zeit nach Durchführung der Sanierungsmaßnahmen beigefügt werden dürfen.
2. Festlegungen eines Sozialplanes im Sinne des § 180 BauGB sind nur für die Zeit der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen zulässig. Würde ohne deren Beachtung die Durchführung der Sanierung wesentlich erschwert werden (§ 145 Abs. 2 BauGB), kann zur Überwindung dieses Versagungsgrundes die sanierungsrechtliche Genehmigung mit der aufschiebenden Bedingung versehen werden, die sozialplanerischen Festlegungen einzuhalten bzw. umzusetzen.
Normenkette
BauGB § 136 Abs. 4, § 145 Abs. 2, 4, §§ 172, 180; VwVfG § 36 Abs. 1
Tenor
Die Auflagen Nrn. 1 und 2 des Bescheides des Beklagten vom 27. Oktober 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. Februar 2001, des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2001 sowie des Änderungsbescheides vom 2. Oktober 2001 in der Fassung vom 18. Juli 2002 werden aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen Nebenbestimmungen der ihr erteilten sanierungsrechtlichen Genehmigung, insbesondere gegen die Festlegung von Mietobergrenzen.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstückes Rigaer Str. 93 in Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg, das im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet „Samariterviertel” liegt. Auf ihren Antrag vom 24. November 1999 zur Genehmigung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an dem teilweise vermieteten Wohngebäude erteilte ihr die Sanierungsverwaltungsstelle des Bezirksamts Friedrichshain von Berlin unter dem 27. Oktober 2000 die sanierungsrechtliche Genehmigung mit zahlreichen Nebenbestimmungen. Im Streit sind noch eine Bedingung und zwei Auflagen.
Die Bedingung Nr. 1 lautet: „Zur Vermeidung bzw. Milderung nachteiliger Folgen der Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen haben wir gem. § 180 BauGB Sozialpläne festgestellt (…). Die Festlegungen der Sozialpläne sind einzuhalten bzw. umzusetzen. Zur Einhaltung sind den betroffenen Mietern (teilweise) Modernisierungsvereinbarungen und/oder Räumungsvereinbarungen anzubieten. Die Festlegungen der Sozialpläne sind für den Abschluss dieser Vereinbarungen bindend. Dies betrifft folgende Mietparteien: … Sollte eine höhere als die nach den vorstehenden Bestimmungen zulässige Miete vereinbart werden, so ist ein Betrag in Höhe des Unterschiedsbetrags, mindestens jedoch von 5,00 DM/m² Wohnfläche der Wohnung monatlich an uns zu entrichten. Dieser Betrag wird ggf. zur Durchführung der Sanierung in Friedrichshain verwendet.”
Weiter heißt es: „Diese Bedingung hat aufschiebende Wirkung, d.h. von der Genehmigung kann erst Gebrauch gemacht werden, wenn die Bedingung erfüllt ist. Die Erfüllung ist uns vor Beginn der Baumaßnahmen schriftlich anzuzeigen.”
Die Auflagen Nrn. 1 und 2 werden als modifizierende Auflagen bezeichnet, „d.h. wenn hiergegen Widerspruch eingelegt wird, kann von der Genehmigung insgesamt nicht Gebrauch gemacht werden.” Sodann heißt es in der Auflage Nr. 1: „Die Baumaßnahmen in Wohnungen sind nur zulässig, soweit die Miete nach Abschluss der Baumaßnahmen bzw. bei Wiedervermietung folgende Beträge netto-kalt nicht übersteigt (Mietobergrenze): … In den Mieten sind sämtliche modernisierungsbedingt zulässigen Mieterhöhungen und Zuschläge eingeschlossen. Die Mietobergrenze gilt für ein Jahr nach Abschluss der Baumaßnahmen bzw. nach Wiedervermietung; das erste Mieterhöhungsverlangen darf den Mietern nur nach § 2 MHG sowie frühestens ein Jahr nach erstmaliger Zahlung der modernisierungsbedingten Mieterhöhung zugehen. Sollte eine höhere als die nach den vorstehenden Bestimmungen zulässige Miete vereinbart werden, so ist ein Betrag in Höhe des Unterschiedsbetrags, mindestens jedoch von 5,00 DM/m² Wohnfläche der Wohnung monatlich an uns zu entrichten. Dieser Betrag wird ggf. zur Durchführung der Sanierung in Friedrichshain verwendet. …” Die Auflage Nr. 2 lautet: „Bei Wiedervermietung der sanierten Wohnungen sind uns die Originale oder beglaubigte Kopien der neu abgeschlossenen Mietverträge vorzulegen.”
Im Zuge des Widerspruchsverfahrens wurde mit Bescheid vom 8. Februar 2001 dem Widerspruch teilweise abgeholfen: „Der Bescheid wird hinsichtlich der bedingten Verpfl...