Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis zur Führung der Ehe mit einem Deutschen und die bevorstehende Abschiebung einer Ausländerin, die mit einem Schengen-Besuchsvisum eingereist ist und später die Ehe in Dänemark geschlossen hat
Leitsatz (amtlich)
1. Das nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG “erforderliche” Visum erfordert eine Identität des Aufenthaltszweckes für das Visum mit dem Aufenthaltszweck für den Aufenthaltstitel.
2. Die Begünstigung des § 39 Nr. 3 AufenthV greift nicht, wenn die Ehe nach der Einreise mit einem Schengen-Besuchsvisum im Ausland geschlossen wird.
3. Wird die Ehe mit einem Deutschen nach der Einreise mit einem Schengen-Besuchsvisum im Ausland geschlossen, ist die Entscheidung der Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, die Ausländerin auf das Visumsverfahren zu verweisen, von Recht wegen nicht zu beanstanden.
Normenkette
VwGO §§ 80, 80b, 123; AufenthG §§ 5, 28 Abs. 1, § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 55 Abs. 2 Nr. 1a, § 81 Abs. 3 S. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 1, § 95 Abs. 2 Nr. 2, § 99 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2; AufenthV § 39 Nr. 3
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Führung der Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen und gegen die bevorstehende Abschiebung nach Indien aufgrund der vollziehbaren Abschiebungsandrohung.
I.
Die 29 Jahre alte Antragstellerin ist indische Staatsangehörige und reiste am 09.04.2008 mit einem vom 09.04. bis 04.07.2008 gültigen Besuchsvisum ins Bundesgebiet ein. Als Grund für den Aufenthalt in Deutschland gab sie im Sichtvermerksverfahren an, sie wolle bei ihrem Cousin babysitten. Am 21.05.2008 heiratete sie in Dänemark den deutschen Staatsangehörigen … Am 26.05.2008 beantragte sie bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Das Landeskriminalamt teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 16.06.2008, dass gegen die Antragstellerin ein Verfahren wegen des Erschleichens eines Aufenthaltstitels (Visum) nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG eingeleitet worden sei.
Mit Bescheid vom 24.07.2008 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, forderte die Antragstellerin auf, das Bundesgebiet bis zum 25.08.2008 zu verlassen und drohte ihr mit dem Hinweis, dass Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hätten, die Abschiebung vorzugsweise nach Indien an. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen sei nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG sei jedoch in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 die Bestimmung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG anzuwenden. Danach sei dem Ehegatten eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen könne. Das treffe für die Antragstellerin nicht zu. Sie sei zwar bereit, die deutsche Sprache zu lernen, sei aber bei ihrer Vorsprache bei der Ausländerbehörde nicht in der Lage gewesen, sie zu sprechen. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen des § 39 AufenthV für die Einholung des längerfristigen Aufenthaltstitels im Bundesgebiet nicht erfüllt. Nach dessen Nr. 3 könne der Aufenthaltstitel im Bundesgebiet eingeholt oder verlängert werden, wenn der Ausländer ein gültiges Schengen-Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt besitze und die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung des Aufenthaltstitels erst nach der Einreise entstanden seien. Diese Voraussetzungen lägen selbst dann vor, wenn die Angaben zur Erlangung des Schengen-Visums gezielt falsch gewesen seien. (So: Fehrenbacher, HTK-AuslR, § 39 AufenthV 04/2008 Nr. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2007 – 18 B 1535/07 –) Da sie aber nicht die erforderlichen Deutschkenntnisse habe, nütze ihr das nichts.
Zudem habe sich die Rechtslage mit dem Inkrafttreten des 2. Änderungsgesetzes zum Zuwanderungsgesetz am 28.08.2007 insoweit geändert, als § 39 AufenthV nunmehr bestimme, dass der Rechtsanspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels ausdrücklich nach der Einreise entstanden sein müsse. Dieser Fall liege auch dann vor, wenn – wie vorliegend – das Bundesgebiet zum Zwecke der Eheschließung verlassen wird. Bei der Einreise nach Deutschland nach der Eheschließung habe der Rechtsanspruch bereits bestanden, sei somit nicht nachträglich entstanden. Mangels Anwendbarkeit von § 39 AufenthV müsse die Antragstellerin somit auch die allgemeinen Voraussetzungen des § 5 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung erfüllen. Dazu gehöre nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, dass kein Ausweisungsgrund vorliege. Die Antragstellerin verwirkliche jedoch den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 1a AufenthG. Sie habe in dem Verwaltungsverfahren, das von den Behörden ...