Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtbuchauflage. Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung
Leitsatz (amtlich)
Ist der verantwortliche Halter in der Lage, aber nicht willens, zur Feststellung des Fahrzeugführers beizutragen, stehen Rechte Dritter berührende und keineswegs erfolgsgewisse Aufklärungsmaßnahmen regelmäßig zur Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes bzw. der letztlich drohenden Fahrtenbuchauflage unter Verhältnis und sind daher nicht zumutbar.
Normenkette
StVZO § 31a
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 1.200.– EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 04.12.2007, durch die dem Antragsteller das Führen eines Fahrtenbuches für das Fahrzeug HOM – … oder ein entsprechendes Ersatzfahrzeug für die Dauer von sechs Monaten aufgegeben wurde, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den Formerfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch genügenden Weise damit begründet, dass die Schäden, Gefahren und Nachteile für die Allgemeinheit, insbesondere für die anderen Verkehrsteilnehmer bei Nichtfeststellung von Tätern von Verkehrsverstößen das Interesse des Antragstellers erheblich überwiegten, von der für ihn belastenden Führung eines Fahrtenbuches bis zur Bestandskraft der Verfügung frei zu bleiben. Insoweit muss nämlich gesehen werden, dass sich im Bereich des Verkehrsrechts in Fällen der vorliegenden Art das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung regelmäßig gerade aus den Gesichtspunkten ergibt, die für den Erlass des Verwaltungsaktes selbst maßgeblich sind.
Die vom Gericht in der Sache zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelfs nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt demgegenüber regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Hiervon ausgehend kann der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs nicht beanspruchen, da die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Fahrtenbuchauflage im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage keinen ernstlichen Zweifeln unterliegt.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist § 31 a Abs. 1 StVZO. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für einen oder mehrere auf ihn zugelassene Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Dabei müssen Verkehrsvorschriften im nennenswerten Umfange verletzt worden sein. Ein einmaliger, unwesentlicher Verstoß, der sich nicht verkehrsgefährdend auswirken kann und auch keinen Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Kraftfahrers zulässt, reicht nicht aus.
Vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, 2005, § 31 a StVZO, Rdnr. 3, 8.
Im vorliegenden Fall hat der Fahrer des auf den Antragsteller zugelassenen Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen HOM – … am 23.08.2007 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 46 km/h überschritten. Auch wenn sich der Vorfall auf einer Bundesstraße außerhalb geschlossener Ortschaften ereignet hat, besteht kein Zweifel, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung derart schwerwiegend und potentiell verkehrsgefährdend ist, dass Verkehrsvorschriften im Sinne von § 31 a StVZO in nennenswertem Umfang verletzt wurden.
Die Ermittlung des für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Fahrers war auch im Rechtssinne nicht möglich. Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne der genannten Vorschrift ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln. Lehnt der Fahrzeughalter erkennbar die Mitwirkung an den Ermittlungen ab, so ist der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben; weitere Ermittlungen können in einer solchen Situation nur ausnahmsweise nämlich dann in Betracht kommen, wenn Verdachtsmomente vorliegen, die in eine bestimmte Richtung deuten und e...