Entscheidungsstichwort (Thema)
Widmungsvermutung der unvordenklichen Verjährung. Voraussetzungen der Widmungsfiktion nach saarländischem Straßengesetz
Leitsatz (amtlich)
Zum Vorliegen eines öffentlichen Weges.
Normenkette
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1; SStrG §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 4, § 6 Abs. 1, §§ 14, 17, 63 S. 1; StVO § 45
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe
Der Antrag der Antragstellerin,
der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung mit sofortiger Wirkung zu untersagen, Veränderungen gleichgültig welcher Art am Weg in …, soweit dieser sich auf dem Gebiet der Antragsgegnerin befindet, insbesondere bauliche Veränderungen jeder Art, z.B. die Entfernung der vorhandenen Teerdecke oder vorhandenen Schotterbelags oder sonstigen Belags, Umbau zu einem Rad- und Wanderweg, Veränderung in der Breite des Weges, vorzunehmen und/oder vornehmen zu lassen,
ist zulässig. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben, da die Öffentlichkeit der Straße in Streit steht (vgl. in diesem Zusammenhang statt vieler Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Auflage, Kapitel 4, Rdnr. 8.3., S. 133). Die Antragstellerin beruft sich darauf, dass der Weg eine öffentliche Straße im Sinne des saarländischen Straßengesetzes (SStrG) sei und sie insoweit als Anliegerin ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erhaltung des Zugangs im Rahmen des Gemeingebrauchs habe. Sie verweist auch auf ihren Vortrag im beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahren 11 K 90/06, in dem sie u.a. die Feststellung begehrt, dass es sich bei dem Weg um eine öffentliche Straße handelt.
Der Antrag ist aber unbegründet. Der Antragstellerin stehen keine auf §§ 14, 17 SStrG beruhenden Ansprüche auf den Gebrauch des Weges und seine Beibehaltung als Zufahrt für den Schwerlastverkehr zu ihrer Sandgrube und zur Bewirtschaftung angrenzender, in ihrem Eigentum stehender Waldflächen, zu, da es sich bei dem Weg nicht um eine öffentliche Straße im Sinne des Straßengesetzes (§§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 4 SStrG) handelt.
Im Verfahren 11 K 90/06 hat die Kammer in einer an die Beteiligten gerichteten Verfügung vom 06.12.2007 zur Frage des Vorliegens einer öffentlichen Straße Folgendes ausgeführt (vgl. Bl. 156 ff. der Gerichtsakte 11 K 90/06):
“Eine für die Entstehung einer öffentlichen Straße im maßgeblichen wegerechtlichen Verständnis grundsätzlich erforderliche förmliche Widmung durch entsprechenden Verwaltungsakt (§§ 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 SStrG) ist nicht ersichtlich. Auch die Voraussetzungen des § 63 Satz 1 SStrG, der unter den dort genannten Umständen eine solche Widmung fingiert, liegen nicht vor. Danach gelten vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Saarländischen Straßengesetztes im Jahre 1965 an alle die Wege als dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt, die “bisher” (davor) bereits dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt waren. Die insoweit gebotene Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ergibt indes keine durchgreifenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines öffentlichen Wegs vor 1965.
Hierfür kam es nach dem früheren Recht zwar nicht auf einen förmlichen einseitigen Widmungsakt der zuständigen Behörde an; erforderlich waren aber zur Begründung der Öffentlichkeit eines Weges damals entsprechende – wenn auch nicht formbedürftige – Erklärungen der drei klassischen Widmungsbeteiligten, nämlich des Grundstückseigentümers der Wegefläche, des künftigen Wegeunterhaltungspflichtigen und der Wegepolizeibehörde (heute: Wegeaufsichtsbehörde), dass der Weg fortan dem allgemeinen Verkehr dienen sollte. Nicht entscheidend war hingegen die Auffassung etwaiger Wegebenutzer. Allein die tatsächliche, wenn auch langjährige und ungehinderte Benutzung eines Weges für den allgemeinen Verkehr reicht nicht aus, um seine Öffentlichkeit im straßenrechtlichen Verständnis entstehen zu lassen (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 17.06.1997 – 11 K 162/94 –; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 06.11.2003 – 1 W 33/03 – und Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Auflage, Kapitel 4, Rdnr. 2.3, S. 106; dies berücksichtigend, trifft die Auffassung der Straßenaufsichtsbehörde des Landkreises Saarlouis im Schreiben vom 05.11.2007, der Verbindungsweg sei eine öffentliche Straße, weil er “vor dem 15.09.1977 tatsächlich öffentlich” gewesen sei, vgl. Bl. 146, 147 der Gerichtsakte, nicht zu, wobei zudem auf den falschen Zeitpunkt – 1977 statt 1965 – abgestellt wird).
Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der jeweilige wegerechtlich Unterhaltspflichtige zumindest konkludent zu erkennen gegeben hat, dass vom Vorliegen eines öffentlichen, insbesondere auch eines öffentlich zu unterhaltenen Weges ausgegangen wurde. Dabei kommt es darauf an, ob nachweisbar ist, dass die bei Gemeindewegen unterhaltungspflichtige Kommune vor dem Jahre 1965 regelmäßig Herstellungs- beziehungsweise Unterhaltungsarbeiten selbst durchgeführt hat oder zumindest durch Dritte im Auftrag hat vornehmen lassen (vgl. nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 06.11.2003...