Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an den zu betreibenden Ermittlungsaufwand als Voraussetzung für die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31 a Abs. 1 StVZO
Leitsatz (amtlich)
Wirkt die Fahrzeughalterin (hier eine GmbH) an der Ermittlung des Fahrers eines Fahrzeuges aus ihrem Fuhrpark, mit dem ein erheblicher Verkehrsverstoß begangen worden ist, unvollständig mit, erfordert die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31 a Abs. 1 StVZO in der Regel, dass zuvor weitere Ermittlungen zur Präzisierung der Ausgaben zu erfolgen haben. Der Hinweis der ermittelnden Polizeibehörde, dass sich die Halterin bei Fahrerfeststellung stets unkooperativ zeige, indiziert die Unzumutbarkeit weiterer Ermittlungen alleine noch nicht.
Normenkette
StVZO § 31a Abs. 1
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20.06.2007 wird wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Streitwert wird auf 19.200,– EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 05.07.2007 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20.06.2007, in dem ihr unter Anordnung des Sofortvollzugs für die Dauer eines Jahres ab Zustellung der Verfügung die Führung von Fahrtenbüchern für die auf sie zugelassenen und künftig ersatzweise zuzulassenden Fahrzeuge auferlegt wurde.
Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da dem Widerspruch gegen die Fahrtenbuchauflage aufgrund des gleichzeitig angeordneten Sofortvollzuges gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der auch im Übrigen zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung schriftlich hinreichend begründet wurde (§ 80 Abs. 3 VwGO) und ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihr eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht zu treffenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem derzeitigen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.
Der Antragsgegner hat zunächst ein besonderes Interesse im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 VwGO an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides in einer den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise schriftlich mit der Gefahr weiterer Verkehrsverstöße mit den auf die Antragstellerin zugelassenen Kraftfahrzeugen und dem Interesse der Allgemeinheit an einer schnellen und effektiven Aufklärung zukünftiger Verkehrszuwiderhandlungen begründet. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Fahrtenbuchauflage selbst begegnet indes im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage sowie nach Maßgabe der derzeit vorliegenden Erkenntnisse durchgreifenden rechtlichen Bedenken, die zur Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs führen.
Rechtsgrundlage für die angegriffene Fahrtenbuchauflage ist § 31a Abs. 1 StVZO. Nach Satz 1 dieser Bestimmung kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass bereits einmalige Verkehrsverstöße, sofern sie sich als schwerwiegend darstellen, die Anordnung eines Fahrtenbuches rechtfertigen. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 25 km/h ist grundsätzlich von einer verkehrsgefährdenden Auswirkung dieses Verstoßes infolge erhöhter Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaft oder auf einer Bundesautobahn begangen worden ist. Bei der hier festzustellenden Überschreitung um 26 km/h liegt demnach die Schwere des begangenen Verkehrsverstoßes auf der Hand.
Vgl. etwa den Beschluss der Kammer vom 12.03.2007, 10 L 339/07, m.w.N.
Liegen insoweit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 StVZO vor, kann indes nicht von einer Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31 a Abs. 1 StVZO ausgegangen werden. Von einer Unmöglichkeit in diesem Sinne ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
vgl. Urteil vom 17.12.1982, 7 C 3.80
der die Kammer folgt,
vgl. a.a.O.
dann auszugehen, wenn die ...