Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine außergewöhnliche Härte iSv. § 36 Abs. 2 S. 1 AufenthG. wenn Eltern aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit die Betreuung ihrer Kinder nicht selbst wahrnehmen können

 

Leitsatz (amtlich)

Dass Eltern die Betreuung ihrer minderjährigen Kinder nicht selbst übernehmen können, weil sie erwerbstätig sind, begründet in der Regel keine außergewöhnliche Härte i.S. v. § 36 Abs. 2 S. 1 AufenthG, die einen Zuzug sonstiger Familienmitglieder zur Kinderbetreuung rechtfertigt. Dies gilt auch, wenn ein wirtschaftliches Interesse, etwa die Finanzierung eines Grundstückskauf, eine Berufstätigkeit beider Eltern erfordert.

 

Normenkette

VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2; AGVwGO § 20; VwVfG § 38 Abs. 1 S. 1; AufenthG § 28 Abs. 4, 1, § 59 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25.07.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25.07.2008, mit dem der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzusammenführung abgelehnt und sie unter Androhung der Abschiebung in die Ukraine zur Ausreise innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides aufgefordert worden ist, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 20 Saarl. AGVwGO statthaft. Der auch im Übrigen zulässige Antrag bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Ein Antrag auf Anordnung der Kraft Gesetzes ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zurückzuweisen, wenn das öffentliche Inter- esse am Sofortvollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes gegenüber den schutzwürdigen Belangen des Betroffenen vorrangig ist, wobei ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug allgemein dann angenommen wird, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung erkennen lässt, dass der angegriffene Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Dies ist vorliegend der Fall. Weder die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Ablehnung, der Antragstellerin die beantragte Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke “familiärer Hilfeleistung” zu erteilen, noch die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken mit der Folge, dass das Interesse der Antragstellerin an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet hinter dem öffentlichen Interesse an ihrer umgehenden Ausreise zurückzutreten hat.

Der Antragsgegner hat es zu Recht abgelehnt, der Antragstellerin die von ihr zum Zwecke der Familienzusammenführung, insbesondere der Betreuung ihres minderjährigen deutschen Enkels beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 25.07.2008 wie auch in der Antragserwiderung des Antragsgegners vom 25.08.2008 Bezug genommen, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt (§ 117 Abs. 5 VwGO entspr.). Zur weiteren Verdeutlichung bzw. Ergänzung wird nochmals auf Folgendes hingewiesen: Nach § 28 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die allein als Rechtsgrundlage für die Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommen, kann der Antragstellerin als Mutter einer erwachsenen Ausländerin bzw. Großmutter eines knapp vierjährigen deutschen Enkels und damit als sonstiger Familienangehöriger im Sinne der vorgenannten Vorschriften eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Vorausgesetzt wird nicht nur eine “besondere”, sondern eine außergewöhnliche Härte, um den Nachzug bewilligen zu können; d.h. es müssen nach Art und Schwere ungewöhnlich große Schwierigkeiten zu befürchten sein

vgl. Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand: August 2008, § 36 AufenthG, RZ. 12 m.w.N.

Die Antragstellerin hat insoweit geltend gemacht, drei Jahre im Haushalt ihrer Tochter leben und ihren Enkel betreuen zu wollen, da beide Eltern berufstätig seien und im Hinblick auf die Finanzierung des Kaufs eines Hauses beide auch weiter berufstätig sein müssten. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne der vorgenannten Vorschriften liegt insoweit jedoch nicht vor. Dass Eltern die Betreuung ihrer minderjährigen Kinder nicht selbst übernehmen können (bzw. wollen), weil sie erwerbstätig sind, begründet in der Regel keine außergewöhnliche Härte, die einen Zuzug sonstiger Familienmitglieder zur Kinderbetreuung rechtfertigt. Etwas anderes kann im vorliegenden Fall auch nicht deshalb gelten, weil ein wirtschaftliches Interesse – die Finanzierung eines Grundstückskaufs – eine Berufstätigkeit beider Eltern erfordert. Gründe dieser Art können schon deshalb keine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG da...

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