Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur nachbarschützenden Wirkung der Festsetzung „zur Bebauung vorwiegend mit Familienheimen” in einem Bebauungsplan
Leitsatz (amtlich)
Werden nach einer Grundstücksteilung auf den beiden neu gebildeten Grundstücken je eine Doppelhaushälfte mit 2 Wohnungen errichtet, entspricht das der „Familienheimklausel” im Bebauungsplan.
An dieser Einschätzung ändert der Umstand nichts, dass die Stellplätze für die beiden Grundstücke nur über ein gemeinsames, drittes Grundstück erreicht werden können.
Normenkette
LBO 2004 § 57 Abs. 2; BauNVO 1968 § 3 Abs. 4
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung, die sofortige Einstellung der Bauarbeiten zur Errichtung der Wohngebäude 1 und 2 auf dem (inzwischen geteilten) Grundstück Gemarkung T., Flur, Flurstück … A/B (= … neu) anzuordnen, hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Vorliegend kann dahinstehen, ob die Antragstellerin mit dem Hinweis auf die Bauarbeiten und die die damit verbundene Schaffung nur schwer rückgängig zumachender Tatsachen hinsichtlich der beiden Gebäude einen Anordnungsgrund dargetan hat. Denn selbst wenn ihr Vorbringen rechtlich zutreffend wäre, könnte sie damit nicht die Errichtung der Baukörper für zwei Wohneinheiten verhindern. Befürchteten Immissionen durch die Nutzung ließe sich – sollten sie rechtswidrig sein und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen – im Nachhinein durch eine Nutzungsuntersagung begegnen.
Jedenfalls hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch dargetan.
Nach § 57 Abs. 2 LBO 2004 ist es Sache der Bauaufsichtsbehörde darüber zu wachen, dass bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung, dem Abbruch sowie der Instandhaltung und Instandsetzung baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden; in Wahrung dieser Aufgaben kann die Bauaufsichtsbehörde die „erforderlichen Maßnahmen” treffen. Im Falle der Nichtbeachtung nachbarschützender Bestimmungen des öffentlichen Baurechts hat der betroffene Nachbar vorbehaltlich eines individuellen Rechtsverlustes im Einzelfall regelmäßig einen subjektiven Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber baurechtswidrigen Anlagen und/oder deren Nutzung. Dieser Anspruch umfasst regelmäßig auch ein Recht auf gegebenenfalls zwangsweise Realisierung entsprechender Anordnungen im Wege des Verwaltungszwanges, im Einzelfall sogar unter Anwendung eines bestimmten Zwangsmittels, (OVG des Saarlandes, Urteil vom 12.12.1986 – 2 R 144/86 –, S. 12 unter Hinweis auf die ständige Senatsrechtsprechung, z.B. Beschluss vom 08.09.1975 – II W 40/75 –, AS 14, 214 = BRS 29 Nr. 142, und Urteil vom 22.10.1982 – 2 R 209/81 –, AS 19, 129 = NVwZ 1983, 685; ebenso Beschlüsse vom 07.09.1988 – 2 W 422/86 – und vom 31.01.1995 – 2 W 51/94 –) sofern die Abwehrrechte der betroffenen Anlieger nicht bereits durch ausdrückliche Erklärung, konkludentes Verhalten oder Verwirkung untergegangen sind. (OVG des Saarlandes, Urteil vom 12.12.1986 – 2 R 144/86 –, S. 12)
Welchen Vorschriften des Baurechts nachbarschützende Funktion zukommt, ist jeweils nach Inhalt, Zweck und Wirkung der einzelnen Vorschrift darauf zu untersuchen, ob die spezielle Norm zumindest auch den Schutz des Nachbarn bezweckt. Dabei ist Zurückhaltung geboten und grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, um einer Ausuferung in Richtung auf eine verdeckte Popularklage zu begegnen sowie den verständlichen Bedürfnissen des Bauherrn nach Rechtssicherheit gerecht zu werden. Eine besondere subjektive Rechtsstellung des Nachbarn kann nur dann anerkannt werden, wenn der Kreis der geschützten Personen durch die Norm hinreichend klar gestellt wurde, wobei zu fragen ist, ob die Vorschrift gerade darauf abzielt, Baumaßnahmen oder Nutzungen zu verhindern, welche typischerweise das Nachbargrundstück schädigen oder gefährden. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das streitige Vorhaben mit den sonstigen Rechtsvorschriften in Einklang steht, ist für das Verfahren ohne Bedeutung.
Auf dieser Grundlage ist eine Verletzung öffentlich-rechtlich geschützter Nachbarrechte der Antragstellerin durch die Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen nicht erkennbar.
Das Baugrundstück bzw. die Baugrundstücke und das Grundstück der Antragstellerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…”, der Gemeinde A-Stadt-T. vom 20.05.1977, der als Art der baulichen Nutzung unter Tex...