Entscheidungsstichwort (Thema)
Untersagung des Aufstellens von blauen Tonnen durch einen öffentlich-rechtlichen Müllsammler auf Antrag eines privaten gewerblichen Müllsammlers ist rechtlich nicht möglich
Leitsatz (amtlich)
Ein gewerblicher Sammler, der bei privaten Haushalten Blaue Tonnen zur Sammlung von Papier, Pappe und Karton (PPK-Fraktion) aufgestellt hat, hat gegen den öffentlichen Entsorgungsträger keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf, dass dieser es unterlässt bei privaten Haushalten ebenfalls Blaue Tonnen aufzustellen.
Normenkette
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2; GVG § 17 Abs. 2; GWB § 19; KrW/AbfG § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 3; KSVG § 108
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, für die Erfassung des in St. Ingbert anfallenden Altpapiers aus Haushaltungen Blaue Tonnen aufzustellen (vgl. Schriftsatz vom 06.06.2008, Seite 7), ist unzulässig, weil eine Stattgabe zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führe würde.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der von der Antragstellerin begehrte Ausspruch wäre aber keine „vorläufige Regelung”, sondern würde den Antragsgegnern dauerhaft untersagen, im Stadtgebiet von St. Ingbert Blaue Tonnen für die Erfassung von Altpapier aus Haushaltungen aufzustellen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist aber nur dann ausnahmsweise im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG geboten, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes unbedingt erforderlich ist und ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 123 Rdnr. 14, m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall ist jedoch von der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht worden.
So ist bereits von der Antragstellerin nicht ausreichend dargetan worden, dass überhaupt ein Anordnungsgrund für den von ihr begehrten vorläufigen Rechtsschutz besteht. Denn sie hat in keiner Weise dargelegt, dass ihre wirtschaftliche Betätigung durch die Aufstellung der Blauen Tonnen durch die Antragsgegnerin zu 1. im Auftrag der Antragsgegnerin zu 2. in einem so erheblichen Umfang beeinträchtigt würde, dass es ihr nicht zuzumuten ist, in einem Hauptsacheverfahren den von ihr behaupteten Anspruch geltend zu machen.
Auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ist nicht festzustellen. So sind keine Vorschriften ersichtlich, aus denen sich ein Anspruch der Antragstellerin auf eine Untersagung der Aufstellung der Blauen Tonnen zur Einsammlung von Papier, Pappe und Karton (nachfolgend: PPK-Fraktion) durch die Antragsgegner im Stadtgebiet von St. Ingbert ergeben könnte.
Die von der Antragstellerin zitierten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen
Niedersächsisches OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.01.2008 – 7 ME 192/07 – AbfallR 2008, 35 = ZUR 2008, 206; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.02.2008 – 10 S 2422/07 – UPR 2008, 235; VG Hannover, Beschlüsse vom 20.05.2008 – 4 B 2279/08 u.A. –; VG Hamburg, Beschluss vom 23.04.2008 – 4 E 880/08 –; vgl. auch VG Frankfurt(Oder), Beschluss vom 05.05.2008 – 5 L 113/08 –; VG Würzburg, Urteil vom 26.02.2008 – W 4 K 07.1455 –
sind für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Denn sie setzen sich nur mit der Frage auseinander, ob einem gewerblichen Sammler der PPK-Fraktion diese Tätigkeit untersagt werden kann, weil dadurch die Entsorgung der privaten Haushalte durch den öffentlichen Entsorgungsträger beeinträchtigt würde. Sie treffen aber keine Aussage darüber, ob ein privater Sammler einen Anspruch darauf hat, es dem für die Müllentsorgung zuständigen öffentlichen Entsorger zu untersagen, ebenfalls für die Sammlung dieser Stoffe Blaue Tonnen bei den privaten Haushalten aufzustellen. Für einen derartigen Anspruch sieht das Gericht keine Rechtsgrundlage.
Vgl. hierzu auch VG Aachen, Urteil vom 03.11.2006 – 9 K 3236/04 –, juris.
Das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit ist hier offensichtlich insoweit zu bejahen, als die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren damit begründet, dass die von den Antragsgegnern beabsichtigte Betätigung im Rahmen der Einsammlung der PPK-Fraktion einen Eingriff in ihre subjektiven Rechte darstelle und diese mit den kommunalwirtschaftsrechtlichen Vorschriften des § 108 Abs. 1 KSVG nicht vereinbar sei. Das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten ist insoweit öffentlich-rechtlich geprägt, weil durch die kommunalwirtschaftliche Norm allein ein Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt und verpflichtet wird. Insbesondere ist die Antragsgegnerin zu 1. an die in § 108 Abs. 1 KSVG enthaltenen Schranken wi...