Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung zur Kündigung eines einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Arbeitnehmers

 

Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 10.07.2003, B I/2.2-7109.2/03, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2004, B I/2.2-7021.2-59/03, wird der Beklagte verpflichtet, der außerordentlichen Kündigung des Beigeladenen zuzustimmen.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen der Beklagte und der Beigeladene, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte und der Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung und Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide vom 10.07.2003, B I/2.2-7109.2/03, und vom 21.04.2004, B I/2.2-7021.2-59/03, vom Beklagten auf der Grundlage von § 91 SGB IX i.V.m. §§ 85 ff. SGB IX die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des zwischen ihr und dem Beigeladenen, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Der am 19.09.1968 geborene, in A-Stadt wohnende Beigeladene ist seit August 1985 bei der Klägerin als Platz-/Magazinvorarbeiter beschäftigt. Er ist ledig.

Mit Schreiben vom 25.06.2003 beantragte die Klägerin am 26.06.2003 bei der Beklagten die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beigeladenen unter Hinweis darauf, dass auf anonyme Anzeige hin von der Innenrevision der Klägerin Recherchen angestellt worden seien, wonach der Beigeladene am 05. und 06.06.2003, während er an den jeweiligen Tagen sowohl nach dem vorläufigen Schichtenbuch als auch nach dem Originalschichtenbuch für die Frühschicht eingeteilt gewesen sei, Arbeiten auf dem Privatgrundstück des ihm vorgesetzten Steigers durchgeführt habe. Weiter seien Manipulationen am vorläufigen Schichtenbuch dahingehend festzustellen, dass für den 02. bis 06.06.2003 im vorläufigen Schichtenbuch eingetragener Urlaub mit Schichtzeichen überschrieben worden sei, die in das Hauptschichtenbuch, das der Lohnabrechnung diene, übertragen worden seien. Hieraus ergäben sich gravierende Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten, die die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigten.

Mit Schreiben vom 30.06.2003 räumte der Beklagte dem Beigeladenen unter Fristsetzung bis 08.07.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 30.06.2003 bat er das Arbeitsamt Saarbrücken und den Betriebsrat/Schwerbehindertenvertretung der Klägerin um Stellungnahme zu dem Antrag.

Mit Schreiben vom 04.07.2003 berief sich der Beigeladene darauf, an den fraglichen Tagen Urlaub genommen zu haben, während denen er seinem vorgesetzten Steiger, so am 05. und 06.06.2003 sowie auch am 10. und 11.06.2003, bei privaten Arbeiten geholfen habe. Von seinem Vorgesetzten fehlerhaft vorgenommene Urlaubseintragungen könnten ihm nicht angelastet werden.

Mit Bescheid vom 10.07.2003 verweigerte die Beklagte die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung bzw. Verdachtskündigung des Arbeitsverhältnisses des Beigeladenen. Zur Begründung ist dargelegt, dass die Zustimmung nicht erteilt werden könne, weil es unter Berücksichtigung der glaubwürdigen Versicherung in der Stellungnahme des Beigeladenen, ordnungsgemäß Urlaub beantragt zu haben, an entscheidungsrelevanten Tatsachen für den von der Klägerin angegebenen Kündigungsgrund fehle. Damit sei Raum für eine Ermessensentscheidung, in deren Rahmen die Belange des Beigeladenen denen der Klägerin vorgingen.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 24.07.2003 Widerspruch. Zur Begründung berief sie sich darauf, das Ermessen der Beklagten sei durch § 91 Abs. 4 SGB IX erheblich eingeschränkt. Da vorliegend ein Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund ersichtlich nicht vorliege, stehe dem Beklagten eine Überprüfung, ob die von ihr angegebenen Kündigungsgründe im Sinne von § 626 BGB für eine außerordentliche Kündigung genügten, nicht zu. Etwas Anderes gelte zwar dann, wenn die angegebenen Gründe eine außerordentliche Kündigung offensichtlich nicht rechtfertigten, mithin die Unwirksamkeit der Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liege; hiervon könne angesichts der von ihr angegebenen Kündigungsgründe indes keine Rede sein, wie bereits die Antragsschrift belege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2004, B I/2.2-7021.2-59/03, wies die Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen unter Hinweis auf den Umstand zurück, dass offensichtlich kein Grund für eine außerordentliche Kündigung erkennbar sei, da der Beigeladene selbst keine Möglichkeit gehabt habe, die fraglichen Änderungen im vorläufigen Schichtenbuch vorzunehmen.

Gegen den an sie per Einschreiben am 02.01.2004 zur Post ...

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