Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Schwerbehinderten
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens unter Einschluss derjenigen des Beigeladenen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollsteckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zustimmung des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung des mit dem Beigeladenen, dem durch Bescheid des Beklagen vom 18.01.2001 ein Grad der Behinderung von 80 zugesprochen worden ist, bestehenden Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage von § 91 SGB IX i.V.m. §§ 85 ff. SGB IX.
Der Beigeladene ist seit 1991 bei der Klägerin als Bereichsleiter „Wälzlager” beschäftigt und in diesem Rahmen für die Disposition mit der Beschaffung von Kugellagern verantwortlich und dabei u.a. für Angebote, Lieferscheine und Bestellungen unterzeichnungsberechtigt. Im Laufe des Jahres 2003 fielen der Klägerin Unregelmäßigkeiten im Bereich „Wälzlager” auf. Auf ihre nach internen Untersuchungen durch ihren Geschäftsführer am 10.04.2004 erstattete Strafanzeige hin wurden gegen den Beigeladenen Ermittlungen wegen Betruges eingeleitet, die bei der Staatsanwaltschaft B-Stadt unter dem Az: 33 Js 943/03 geführt werden. Im Rahmen der Ermittlungen wurde der Beigeladene am 10.07.2003 in der Betriebsstätte der Klägerin von der Polizei vorläufig festgenommen und vernommen. Der Beigeladene räumte hierbei verschiedene Tatvorwürfe zum Nachteil der Klägerin ein. „Danach erfolgte eine informelle Information” der Klägerin „durch einen Polizeibeamten über angebliche Aussagen und Angaben” des Beigeladenen (vgl. den Vortrag in der Klageschrift, Bl. 2 GA, und dem Schriftsatz des Beigeladenen vom 23.06.2004, Bl. 50, 52 GA). Mit Schreiben vom 11.07.2003 an den Beigeladenen sprach die Klägerin diesem gegenüber „aus den Ihnen bekannten Gründen”) die „fristlose” Kündigung aus, gegen die dieser mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.07.2003 Kündigungsschutzklage erhoben hat, über die das Arbeitsgericht B-Stadt mit Urteil vom 30.03.2004, 4 Ca 1490/03, entschieden und festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die fristlose Kündigung vom 11.07.2003, zugegangen am 11.07.2003, nicht beendet worden ist, sondern über den 11.07.2003 hinaus fortbesteht (§ 53 ff GA). Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin (Beklagte und Berufungsklägerin im dortigen Verfahren) ist von dem Landesarbeitsgericht Saarland mit Teilurteil vom 26.01.2005, 2 Sa 67/04, wegen fehlender vorheriger Zustimmung des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung zurückgewiesen worden.
Mit Schreiben vom 26.08.2003 beantragte die Klägerin am selben Tag bei der Beklagten die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Beigeladenen unter Hinweis auf dessen ihr bekannte Schwerbehinderung (unter Vorlage einer Kopie des Schwerbehindertenausweises vom 17.01.2002) sowie darauf, dass sie am 26.08.2003 Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft B-Stadt in das Ermittlungsverfahren 33 Js 943/03 erhalten habe und sich aus der darin befindlichen Vernehmungsniederschrift vom 10.07.2003 ergebe, dass der Beigeladene betrügerische Handlungen zum Nachteil der Klägerin zugestanden habe, die eine fristlose Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtfertigten. Weiter legte sie dar, ein Betriebsrat und eine Schwerbehindertenvertretung bestünden bei ihr nicht.
Mit Schreiben vom 27.08.2003 räumte die Beklagte dem Beigeladenen unter Fristsetzung bis 03.09.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme ein und bat das für den Wohnsitz des Beigeladenen in Schwalbach/Elm zuständige Arbeitsamt D-Stadt und das für den Firmensitz der Klägerin zuständige Arbeitsamt B-Stadt zur Stellungnahme zu dem Antrag. Zusammen mit seinem Antrag legte sie eine Kopie des Schwerbehindertenausweises des Beigeladenen und eine auszugsweise Kopie des kriminalpolizeilichen Vernehmungsprotokolls vor.
In seiner Stellungnahme vom 03.09.2003 berief sich der Beigeladene darauf, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis bereits mit Schreiben vom 11.07.2003 gekündigt habe und inzwischen Kündigungsschutzklage erhoben sei. Weiter berief er sich darauf, dass vor Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 11.07.2003 die Zustimmung des Beklagten nicht eingeholt worden sei und der erneuten beabsichtigten fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses entgegenstehe, dass nicht übersehbar sei, ob der Beigeladene sich tatsächlich zum Nachteil der Klägerin strafbar gemacht habe. Weiter stehe einer erneuten fristlosen Kündigung § 91 Abs. 2 SGB IX entgegen, da die Zustimmung zur fristlosen Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme von den Kündigungsgründen beantragt werden könne, ...