Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme durch die Erweiterung eines Wohngebäudes in der Nähe einer denkmalgeschützten Schlossanlage unabhängig von der Rechtsfrage, ob denkmalschutzrechtliche Vorschriften überhaupt Abwehrrechte begründen
Leitsatz (amtlich)
Der Inhaber einer denkmalgeschützten Schlossanlage erlangt hinsichtlich einer Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme auf jeden Fall dann keine erhöhte Schutzwürdigkeit, wenn festgestellt werden kann, dass durch das angegriffene Bauvorhaben die denkmalschutzrechtlichen Vorschriften nicht verletzt werden. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften des Denkmalschutzes dem Inhaber eines Denkmals überhaupt Abwehrrechte einräumen.
Normenkette
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3; LBO § 64 Abs. 2; SDSchG § 8 Abs. 2, 8
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 7.500,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Der Kläger ist Eigentümer des unter Denkmalschutz stehenden Schlosses M., das sich südöstlich des streitgegenständlichen Bauvorhabens befindet. Das Vorhabengrundstück und das Grundstück des Klägers werden durch einen Weg sowie ein Grundstück mit einer landwirtschaftlichen Hofstelle getrennt. Auf diesem Grundstück befinden sich ein Gebäude, das teilweise landwirtschaftlich und teilweise zum Wohnen genutzt wird, sowie mehrere Schuppen, die u.a. dem Unterstellen landwirtschaftlicher Geräte dienen.
Den Beigeladenen wurde unter dem 24.02.2006 die Baugenehmigung zur Aufstockung und Erweiterung eines genehmigten Wohngebäudes mit dem Einbau einer zweiten Wohnung in M., Flur …, Flurstücke … und … erteilt. Die Baugenehmigung wurde dem Kläger nicht zugestellt.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.09.2006 legte der Kläger gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung Widerspruch ein. Zur Begründung führte der Kläger aus, die erteilte Baugenehmigung sei rechtswidrig, da das Bauvorhaben gegen denkmalrechtliche Vorschriften verstoße. Insbesondere werde das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Schlosses M. durch das geplante Vorhaben in erheblicher Weise beeinträchtigt, so dass dem Vorhaben denkmalschutzrechtliche Gründe entgegen stünden. Das Vorhaben verstoße zudem gegen § 35 BauGB, da eine Verdreifachung der Geschossfläche und eine Vervierfachung des Bruttorauminhalts erfolge, so dass keine Privilegierung nach § 35 BauGB vorliege. Auch fehlten Anlagen für eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung, so dass die Erschließung nicht gesichert sei. Der Verstoß gegen denkmalschutzrechtliche Vorschriften stelle zudem eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB dar. Durch das Vorhaben werde er in seinem Eigentumsrecht nach Artikel 14 GG verletzt, da die rechtswidrige Baugenehmigung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändere und ihn dadurch schwer und unerträglich treffe. Des Weiteren vermittle das saarländische Denkmalschutzgesetz einem Dritten das Recht, dass die Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes bei der Erteilung einer Baugenehmigung beachtet würden, was vorliegend nicht geschehen sei.
Der Widerspruch wurde mit auf Grund mündlicher Verhandlung vom 24.11.2006 ergangenem Widerspruchsbescheid vom 31.01.2007 zurückgewiesen. In dem Bescheid ist ausgeführt, der Kläger werde durch die angefochtene Baugenehmigung nicht in seinen Rechten, insbesondere das insoweit einzig in Betracht kommende Rücksichtnahmegebot verletzt. Der Umstand, dass das Anwesen des Klägers unter Denkmalschutz stehe, sei für die Beurteilung der Frage, ob für ihn das Vorhaben der Beigeladenen zumutbar sei oder nicht, unerheblich. Die denkmalrechtliche Unterschutzstellung eines Objektes erfolge ausschließlich im öffentlichen Interesse an seiner Erhaltung und Nutzung; ein diesbezüglicher subjektiver Anspruch des Eigentümers bestehe nicht. Inwieweit dem Denkmaleigentümer Abwehransprüche gegen ein Bauvorhaben seines Nachbarn zustünden, beurteile sich allein nach den baurechtlichen Vorschriften. Der Inhalt des Rücksichtnahmegebotes werde durch die Normen des Denkmalrechts nicht beeinflusst, da ihnen keine drittbezogene Schutzrichtung zukomme. Die denkmalschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere auch die Bestimmungen über den Umgebungsschutz eines Denkmals, bestünden ausschließlich im öffentlichen Interesse. Außerdem genüge die Baugenehmigung auch den denkmalschutzrechtlichen Anforderungen. Der Umgebungsschutz des Baudenkmales „Schlossanlage M.” werde durch das genehmigte Bauvorhaben nicht beeinträchtigt. Dabei sei zunächst ...