Wohntrend Tiny House: Weniger Raum, Energie, Geld
Tiny Houses haben sich in den vergangenen Jahren als vergleichsweise kostengünstige und nachhaltige Wohnform etabliert. Die oft mobilen Häuser fördern eine minimalistische und umweltfreundliche Lebensweise, die in Zeiten steigender Immobilienpreise und Energiekosten sowie zunehmender Urbanisierung attraktiv erscheint.
Welche Vor- und Nachteile ein Tiny House hat und für wen sich diese Wohnform eignet, hat jüngst das Maklerunternehmen Von Poll Immobilien aufgelistet.
Tiny House-Vorteile: Kosteneffizienz und Flexibilität
Im Vergleich zu klassischen Immobilien fallen laut Von Poll Immobilien die Bau- und Unterhaltungskosten Tiny Houses deutlich geringer aus. Die reduzierte Wohnfläche führt zu einem niedrigeren Energieverbrauch – was gleichzeitig zu einem geringeren ökologischen Fußabdruck beiträgt.
Durch die kompakte Bauweise können die Mini-Häuser auch auf kleineren, günstigeren Grundstücken errichtet werden. Hier bieten sich in städtischen Gebieten, wo Bauland knapp und teuer ist, oft kleine Baulücken zur Bebauung an. Darauf weist Beata von Poll, Mitglied der Geschäftsleitung der Maklerfirma, hin. "Diese Grundstücke sind für herkömmliche Bauprojekte meist ungeeignet. Städte und Gemeinden neigen dazu, zuerst solche Baulücken zu schließen, bevor neues Bauland erschlossen wird." Interessenten sollten daher gezielt nach solchen Flächen suchen und beim Bauamt nachfragen.
Als Vorteil wird demnach auch die Flexibilität der Tiny Houses gesehen. Viele Modelle sind mobil und lassen sich verlegen, an Lebensumstände anpassen. Potenzielle Käufer sollten auch die Herausforderungen dieser Wohnform kennen. Mit einer Wohnfläche von meist nur 15 bis 45 Quadratmetern sind Tiny Houses eher für Singles oder Paare geeignet.
Tiny Houses: Was Käufer (rechtlich) beachten sollten
"Neben der begrenzten Wohnfläche sollten Interessenten auch bedenken, dass es je nach Region und Bundesland zum Teil strenge Bauvorschriften und Genehmigungsprozesse gibt, die die Errichtung eines Tiny House erschweren können", rät Immobilienexpertin von Poll. In manchen Gebieten seien zusätzliche Genehmigungen erforderlich oder es gelten spezielle Auflagen, die den Bauprozess verlängern und verteuern können. Außerdem könne die Suche nach einem geeigneten Grundstück sehr zeitaufwändig sein, da nicht jedes Gelände über Anschlüsse für Wasser, Strom und Abwasser verfüge.
Wer ein mobiles Tiny House auf öffentlichen Straßen bewegen will, muss eine Zulassung für den Straßenverkehr vorweisen. Diese Tiny Houses müssen zudem versichert und versteuert werden, auch eine regelmäßige TÜV-Prüfung ist erforderlich.
Soll das Tiny House als Hauptwohnsitz dienen, handelt es sich der Maklerin zufolge um ein genehmigungspflichtiges Bauvorhaben, das den Vorschriften des Baugesetzbuches und den jeweiligen Landesbauordnungen unterliegt. Dabei können regionale Unterschiede bei den Genehmigungsverfahren und -anforderungen bestehen. Auch die Flächennutzungs- und Bebauungspläne der Gemeinden müssen berücksichtigt werden. Die legen fest, in welchen Gebieten ein Tiny House aufgestellt werden darf.
Kompliziert wird es, wenn das Tiny House auf Privatland als dauerhafter Wohnsitz genutzt werden soll. Neben der Baugenehmigung ist oft die Zustimmung der direkten Nachbarn erforderlich, insbesondere wenn das Bauvorhaben von den gesetzlichen Regelungen abweicht. Zudem kann es im Außenbereich, der meist landwirtschaftlich genutzt wird, schwierig werden, eine Genehmigung zu erhalten.
Tiny-House-Konzept: Was ist mit dem GEG?
Weniger Fläche und Material, nachhaltig Wohnen – ganz so einfach ist die Gleichung offenbar nicht. Es sei ein höchst komplexes Konzept, wie aus einer Broschüre des Innenministeriums in Schleswig-Holsteinisch hervorgeht. Drei Aspekte im Detail:
1. Energieeinsatz:
Ein Tiny House benötigt laut dem Ministerium weniger Energie als ein großes Gebäude. Wenn auf erneuerbare Energiequellen sowie auf ökologische und ressourcenschonende Bau- und Dämmmaterialien gesetzt werde, könne so ein kleines Haus einem konventionellen Eigenheim in Sachen Nachhaltigkeit voraus sein. Doch gerade große, mehrstöckige Gebäude hätten gegenüber den Tiny Houses den Vorteil, weniger Wärmeverluste zu haben. Dies liege an dem Verhältnis zwischen der Außenhülle des Gebäudes und dem umbauten Wohnraum. Darüber hinaus sei für größtmögliche Energieeffizienz auch dauerhaftes Wohnen von höchster Relevanz.
2. Flächenverbrauch
Als Argument für Tiny Houses wird häufig auch der geringe Grad der Bodenversiegelung vorgebracht. Die kleinen Häuser werden dem Ministerium zufolge meistens auf einem Streifen- oder Punktfundament aufgestellt. Das Haus selbst könne, wie zum Teil auch die Fundamente, zurückgebaut werden. Dennoch könnten gerade große genutzte Grundstücke zu einer Zersiedelung beitragen. Die Eigenschaft der Tiny Houses, kleine Restflächen belegen zu können, sollte den Einsatz an Standorten in der Peripherie, etwa Ortsrandlagen, zur Ausnahme machen, heißt es in der Broschüre. Mit Blick auf Nachhaltigkeit sollten Tiny Houses auf bereits versiegelten Flächen oder Brachflächen aufgestellt werden.
3. Baumaterialien und Haltbarkeit
Ökologisch von Vorteil ist, dass Tiny Houses oft mit ressourcenschonenden Materialen gebaut werden, die beim Rückbau sortenrein getrennt werden könnten. Auch können nach Angaben des Ministeriums regionale Baustoffe wie Holz genutzt werden, was die Transportwege verkürzt. Nachteilig sei, dass die verwendeten Materialen unter Umständen eine geringere Haltbarkeit hätten. Häufig genutzte Einbauten auf kleiner Wohnfläche könnten sich schneller abnutzen.
Und was ist mit dem GEG? "Damit Tiny Houses die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes erfüllen können, benötigen sie eine starke Dämmung. Die hierfür erforderliche Wanddicke geht von der Wohnfläche ab", schreibt das Ministerium. Im Einzelfall könnten Befreiungen von Vorschriften des GEG möglich sein, wenn die Ziele des Gesetzes anders erreicht werden könnten. Darüber entscheide das zuständige Bauamt. Tiny Houses können nicht per se als nachhaltig oder nicht nachhaltig betrachtet werden, so das Schleswig-Holsteinische Innenministerium abschließend. Es komme auf die spezifischen Parameter des jeweiligen Gebäudes und den Vergleich mit Alternativen an.
Praxis: Tiny-House-Siedlung in Dortmund
Dortmund plant eine Siedlung mit 40 bis 50 Tiny Houses im Süden auf einem ehemaligen Sportplatz. Aktuell werde ein Bebauungsplan für das "Tiny Village" aufgestellt, um auf der Grundlage später Bauanträge zu stellen, wie die Stadt kürzlich mitteilte. Baubeginn könne 2026 sein. Die Stadt werde die Baugrundstücke dann voll erschlossenen an private Baugruppen mit jeweils mindestens vier Parteien verkaufen oder verpachten. Es gebe bereits sieben Baugruppen, die in der geplanten autofreien Siedlung selbst wohnen wollen.
Der überwiegende Teil der Kundschaft seien Menschen der Altersgruppe 50plus, einige wohnten aktuell in einem klassischen Einfamilienhaus. Ein Tiny-Quartett entstehe im Nordosten der Stadt: Vier frei stehende Häuschen mit Satteldach und einer Wohnfläche von jeweils 37 Quadratmetern. Außerdem errichte die Uni Dortmund ein Tiny Gästehaus auf einer Doppelgarage, dass von Architektur-Studierenden geplant und gebaut werde.
Mehrere weitere Vorhaben sind demnach in Nordrhein-Westfalen (NRW) auf dem Weg zur Realisierung oder schon umgesetzt. So gebe es Siedlungsprojekte in Ahaus, Hückelhoven, Celle und Coesfeld. In Südkirchen im Münsterland seien bereits elf Tiny Houses gebaut. Die Nachfrage vor allem als Eigenheim wachse, hieß es auch beim Tiny House Verband. Die Variationsmöglichkeiten sind groß. Der wachsende Zuspruch in dem Marktsegment hängt nach Angaben von Kommunen mit Wohnungsnot, hohen Baukosten und dem Wunsch nach einem kleineren ökologischen Fußabdruck zusammen.
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