Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung der Versorgungsbezüge eines Polizeihauptmeisters im Ruhestand wegen Erwerbseinkommen als Mitinhaber eines HiFi-Studios

 

Normenkette

BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 820 Abs. 1 S. 2; BeamtVG §§ 52-53; VwGO § 123; EStG § 16 Abs. 2

 

Nachgehend

OVG des Saarlandes (Beschluss vom 16.09.2009; Aktenzeichen 1 A 435/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger, zuletzt Polizeihauptmeister bei der Polizeidirektion Mitte, wurde mit Ablauf des 31.07.1999 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. In diesem Zusammenhang reichte er am 06.08.1999 verschiedene Erklärungen bei dem Beklagten ein, in denen er u. a. angab, kein Verwendungs- oder Erwerbseinkommen zu beziehen und das Merkblatt des Beklagten mit den darin genannten Anzeigepflichten erhalten zu haben.

Anlässlich einer Überprüfungsaktion des Beklagten Ende 2005 betreffend § 53 BeamtVG stellte sich heraus, dass der Kläger schon seit Beginn seines Ruhestandes Erwerbseinkommen als Mitinhaber eines Hifi-Studios bezieht.

Nach entsprechender Anhörung des Klägers und nach Vorlage seiner Steuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2004 kürzte der Beklagte mit Bescheid vom 10.05.2006 die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 01.06.2006 um monatlich 500 EUR und forderte für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.12.2004 die entstandene Überzahlung in Höhe von 19.890,39 EUR zurück.

Mit Schreiben vom 29.05.2006 erhob der Kläger hiergegen mit der Begründung Widerspruch, er sei seit 1994 Mitinhaber des Hifi-Studios. Zum Zeitpunkt der Geschäftseröffnung sei er noch aktiver Beamter und somit nach der für ihn geltenden Nebentätigkeitsverordnung zwar im zeitlichen Umfang in seiner Nebentätigkeit beschränkt gewesen, jedoch nicht im Hinblick auf die Höhe der Einkünfte, die außerhalb des öffentlichen Dienstes angesiedelt gewesen seien.

In den Jahren 1995 bis 1999 habe die Firma nicht mit Gewinn gearbeitet, vielmehr seien erhebliche Verluste aufgelaufen. Zu deren Deckung hätten verschiedene Darlehen, auch von ihm privat, aufgenommen werden müssen.

Diese würden heute noch zurückgezahlt. Seit 2000 arbeite die Firma zwar mit Gewinn, gleichwohl beliefen sich die Verluste immer noch auf insgesamt 31.767,00 Euro. Die Steuerbescheide des Klägers wiesen aufgrund der Tatsache, dass die Firma in diesen Jahren Gewinn erwirtschaftet habe, ein zu versteuerndes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit aus. Auf den Steuerbescheiden blieben die Verluste der Vorjahre allerdings unberücksichtigt.

§ 53 BeamtVG biete vorliegend weder eine tragfähige Grundlage für die Kürzung der Versorgungsbezüge noch könne auf Grund von § 52 Abs. 2 BeamtVG i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 1, 1 Alt. BGB eine Rückforderung erfolgen. Hierfür wäre Voraussetzung, dass er in den Jahren 2000 bis 2004 Erwerbseinkommen im Sinne von § 53 BeamtVG erzielt habe, beziehungsweise immer noch erziele. Dies sei aber nicht der Fall.

Erwerbseinkommen seien nach § 53 Abs. 7 BeamtVG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einschließlich Abfindungen, aus selbständiger Arbeit sowie aus Gewerbebetrieb und aus Land- und Forstwirtschaft. Die Norm des § 53 BeamtVG sei bei ihrer Neufassung zu Recht auf verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen, denn sie führe zu Kürzungen der Versorgung bis zu einer Höchstgrenze nicht nur bei Verwendungseinkommen, sondern bei jeglichem Erwerbseinkommen. Damit entlaste sich der Dienstherr nicht nur durch Leistungen aus anderen öffentlichen Kassen, sondern auch durch Leistungen Dritter, wodurch die Versorgung zur subsidiären Leistung werde und eine angemessene Lebensführung des Beamten allein aus Mitteln der öffentlichen Hand nicht mehr garantiert sei. Im Hinblick auf die Pflicht des Dienstherrn zur Gewährung eines dem Amt und den Familienverhältnissen des Beamten angemessenen Lebensunterhalts, die einem “hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums” im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG entspreche, sei eine verfassungsgemäße Auslegung der Norm des § 53 Abs. 7 BeamtVG geboten. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die Entlastung öffentlicher Kassen durch die Leistungen Dritter ziehe die Norm des § 53 BeamtVG nur daraus, dass der in Ruhestand versetzte Beamte, der seine Dienstleistung nicht bis zur gesetzlichen Altersgrenze erbringen könne, jedoch aufgrund des Wegfalls seiner Dienstleistungspflicht außerhalb des öffentlichen Dienstes erwerbstätig zu sein vermöge und daraus zusammen mit seinem Ruhegehalt ein die vollen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge übersteigendes Erwerbseinkommen erziele.

Er habe aber vorliegend gerade nicht seine Arbeitskraft eingesetzt, um privates Erwerbseinkommen zu erlangen. Gesundheitlich sei er hierzu auch gar ...

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