Entscheidungsstichwort (Thema)
Klage auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten gegen eine Aufschüttung mit Stützmauer im Grenzbereich
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Nachbar hat auch dann keinen Anspruch auf den Vollzug einer Beseitigungsverfügung, wenn diese wegen Verstoßes gegen nachbarschützende Vorschriften erlassen worden ist. Dies gilt zumindest dann, wenn der Bescheid ihn nicht als Begünstigten enthält.
2. Ein Nachbar hat Anspruch auf ein bauaufsichtsbehördliches Einschreiten der Unteren Bauaufsichtsbehörde gegen eine Aufschüttung mit davor befindlicher Stützwand im Grenzbereich, auch wenn von dieser Anlage keine Wirkungen wie von oberirdischen Gebäude i.S. des § 7 Abs. 7 LBO ausgehen.
3. Eine Stützmauer wird nicht schon dann zu einer Einfriedungsmauer, wenn die dahinter befindliche Aufschüttung im Grenzbereich teilweise beseitigt wird. Dies ist erst dann der Fall, wenn die dahinter befindliche Aufschüttung bis zu Grenze auf Null ausläuft und die Mauer damit in keiner Weise der Abstützung der im Grenzbereich befindlichen Anschüttung mehr dient.
4. Die Frage, ob ein Einschreitensrecht gegen eine bereits vorher im Grenzbereich vorhandene Aufschüttung durch Verwirkung verloren gegangen ist, braucht nicht entschieden, wenn eine vollständige Umgestaltung der Aufschüttung vorgenommen und eine neue Stützmauer errichtet worden ist, da in diesem Fall die Abwehrrechte des Nachbarn auf jeden Fall wieder aufleben.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2009 verpflichtet, gegenüber der Beigeladenen die Beseitigung der auf deren Grundstück, C…-Straße in A…-Stadt, Flurstück 1076/11, grenzständig zum Flurstück 1076/12 errichteten Stützmauer aus Florsteinen sowie der dahinter befindlichen Aufschüttung ab der Rückfront der Garage des Klägers anzuordnen, soweit sich diese in einem Abstand von weniger als 3 m zur Grenze zum Grundstück des Klägers befinden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 7.500,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt ein bauaufsichtsbehördliches Einschreiten gegen eine von der Beigeladenen errichtete Aufschüttung sowie eine davor befindliche Stützmauer aus Pflanzsteinen. Er ist Eigentümer des Anwesens S… Straße 2 in A…-Stadt, Flur 05, Flurstück Nr. 1076/12. Das Grundstück ist zur S… Straße mit einem Wohnhaus bebaut. Die Beigeladene hat auf ihrem nördlich angrenzenden Grundstück – Flurstück Nr. 1076/11 – ebenfalls straßenseitig ein Wohnhaus errichtet. Das Gelände fällt auf den Grundstücken sowohl von Nord nach Süd als auch von West nach Ost zur südöstlich angrenzenden Zollstraße hin ab. Die Beigeladene errichtete im hinteren Teil ihres Grundstücks im Anschluss an die Grenzgarage des Klägers grenzständig zum Grundstück des Klägers auf bereits vorhandene Holzbohlen eine Wand aus drei bis fünf Reihen Florsteinen. Dahinter befindet sich eine Aufschüttung.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23.01.2007 wandte sich der Kläger an den Beklagten und bat um bauaufsichtliches Einschreiten gegen die baulichen Anlagen auf dem Grundstück der Beigeladenen, insbesondere gegen die Stützmauer aus Florsteinen, die einsturzgefährdet sei. Der Schuppen stehe 3,50 m über dem gewachsenen Boden direkt neben seiner Garage. Dieser habe kein Fundament und stehe auf angefaulten Holzpfosten, einer Erdanschüttung und Florwallsteinen. Der Fäulnisprozess der Holzpfosten werde durch das Regenwasser des Schuppens, der nicht an den Regenkanal angeschlossen sei, gefördert. Im Falle eines Einsturzes entstünden Schäden an seiner Garage, deren Außenwand für einen solchen Erddruck nicht ausgelegt sei.
Mit Verfügung vom 20.02.2007 forderte der Beklagte die Beigeladene auf,
1. die an der Nachbargrenze zum rechtsseitigen Flurstück Nr. 1076/12 in A…-Stadt, C…-Straße errichtete ca. 1,50 m hohe Stützmauer bestehend aus Pflanzringen einschließlich deren aus Bahnschwellen bestehende Unterstützung innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung dieser Verfügung zu beseitigen,
2. die hinter der Stützmauer in der 3 Meter Abstandsfläche vorgenommene Aufschüttung an der Grenze zum Nachbarflurstück Nr. 1076/12 innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Bestandskraft dieser Verfügung zu beseitigen.
Des weiteren drohte er für die Maßnahmen Zwangsgelder in Höhe von 500,– bzw. 200,– Euro an und setzte sie zugleich fest. Für die Verfügung zu 1. ordnete er außerdem den Sofortvollzug an. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, die nicht sachgemäße und statisch unterdimensionierte Ausführung der Bahnschwellen als auch die nicht s...