Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches wegen Verstoßes gegen Verkehrsvorschriften. Gewichtung eines Verkehrsverstoßes. doppeltes Recht zur eigennützlichen Leugnung eines Verkehrsverstoßes und zur Verweigerung des Führens eines Fahrtenbuches
Leitsatz (amtlich)
Ein „doppeltes Recht”, nach einem Verkehrsverstoß im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage eigennützig zu verweigern und anschließend trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des unbekannt gebliebenen Fahrzeugführers von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht.
Normenkette
StVZO § 31a Abs. 1 S. 1; StVG § 4 Abs. 2 S. 2; FeV § 40
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Halter des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … und wendet sich mit seiner Klage gegen die ihm gegenüber für dieses Fahrzeug verfügte Auflage, für die Dauer eines halben Jahres ein Fahrtenbuch zu führen, sowie gegen die hierfür gleichzeitig festgesetzten Gebühren und Auslagen.
Der Führer des besagten PKW überschritt am 1.2.2006, 12:12 Uhr, im Ortsbereich von A-Stadt/C. die höchstzulässige Geschwindigkeit von 50 km/h abzüglich der Messetoleranz um 22 km/h. Der Geschwindigkeitsverstoß wurde durch ein Geschwindigkeitsmessgerät festgestellt und mit einem Foto dokumentiert. Den vom Beklagten – Amt für Ordnungswidrigkeiten – Anfang März übersandten Anhörungsbogen zum Zwecke der Feststellung des Fahrers ließ der Kläger unbeantwortet. Gegenüber der daraufhin mit der Fahrerfeststellung beauftragten Polizeiinspektion A-Stadt-D erklärte er fernmündlich, dass er sich von einem Rechtsanwalt vertreten lasse und weder einen Anhörungsbogen ausfüllen noch bei der Polizei eine Aussage machen werde. Im diesbezüglichen polizeilichen Vermerk wird darüber hinaus festgehalten, dass der Kläger einigen Beamten der dortigen Polizeidienststelle persönlich bekannt sei und es sich bei der auf dem Beweisfoto abgebildeten Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den Fahrzeughalter selbst handele. Dem Vorgang werde daher eine Kopie des an die Gemeinde A-Stadt gerichteten Antrages des Klägers auf Ausstellung eines Reisepasses mit einem Lichtbild des Klägers beigefügt. Unter dem 19.4.2006 erließ das Amt für Ordnungswidrigkeiten des Beklagten wegen der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung gegen den Kläger einen Bußgeldbescheid, gegen welchen dieser Einspruch einlegte. Das betreffende Verfahren wurde schließlich mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 12.7.2006, …, mit der Begründung eingestellt, der Tatnachweis sei wegen der sehr schlechten Qualität des Fahrerfotos nicht möglich.
Das Amt für Ordnungswidrigkeiten legte den Vorgang der Führerscheinstelle des Beklagten mit der Anregung vor, dem Kläger das Führen eines Fahrtenbuchs aufzuerlegen. Nach entsprechender Anhörung des Klägers ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 3.8.2006 an, für den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen WND-… oder ein Ersatzfahrzeug für die Dauer eines halben Jahres ab Unanfechtbarkeit der Verfügung ein Fahrtenbuch zu führen. Zur Begründung gab er im Wesentlichen an, mit dem betreffenden Fahrzeug sei ein so erheblicher Verkehrsverstoß begangen worden, dass bereits dieser einmalige Vorfall, und zwar auch ohne konkrete Verkehrsgefährdung, eine Fahrtenbuchauflage gemäß § 31 a Satz 1 StVZO rechtfertige. Darüber hinaus sei auch die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne der genannten Vorschrift unmöglich gewesen, weil sich der Kläger als Halter des Fahrzeuges geweigert habe, an der Aufklärung mitzuwirken. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage seien damit erfüllt. Für die Verfügung setzte der Beklagte eine Gebühr in Höhe von 50 EUR zzgl. 4,50 EUR für Postauslagen fest.
Seinen gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, ihm könne nicht angelastet werden, dass die Ermittlung des Fahrers wegen der mangelnden Qualität des Fahrerfotos unmöglich gewesen sei. Abgesehen davon sei der Verkehrsverstoß nicht derart gravierend, dass zum Schutz vor künftigen Verkehrsverstößen mit seinem Fahrzeug die ihm erteilte Auflage unerlässlich wäre. Auch sei zu beachten, dass er sich bislang im Straßenverkehr einwandfrei geführt habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Kreisrechtsausschuss beim Beklagten wies der Kläger des Weiteren darauf hin, dass es aus seiner Sicht einen Wertungswiderspruch darstelle, wenn einerseits dem Halter als mutmaßlichem Fahrzeugführer im Ordnungswidrigkeitsverfahren das Recht eingeräumt werde, sich selbst nicht belasten zu müssen, andererseits ihm aber das Führen eines Fahrtenbuches auferlegt werde,...