Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Kostendämpfungsmaßnahmen bei der Beihilfegewährung
Normenkette
BBG § 80; BhV § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 7 S. 5, § 12 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 1 Nr. 1a S. 2, Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Mit Beihilfeantrag vom 10.07.2008 machte der Kläger verschiedene Aufwendungen geltend, die ihm und seiner Ehefrau aus Anlass einer Krankheit entstanden waren.
Im Beihilfebescheid vom 24.07.2008 wurde von der Beklagten betreffend das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Bromelain eine Beihilfe versagt, hinsichtlich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel die beihilfefähigen Aufwendungen um den Eigenbehalt gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1a BhV gemindert und von der Gesamtsumme der Beihilfe für das 3. Quartal 2008 ein Eigenbehalt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BhV, sog. “Praxisgebühr”, abgezogen.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 30.07.2008 unter Verweis auf das Urteil des VG Göttingen vom 26.02.2008 (3 A 277/07) Widerspruch ein.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, zwar genügten die Beihilfevorschriften vom 30.01.2004 nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts. Trotz des Defizits normativer Regelungen sei für eine Übergangszeit jedoch von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften auszugehen. Damit sei gewährleistet, dass die Leistungen im Falle der Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht würden, das hinsichtlich des Inhalts jedenfalls bislang in aller Regel keinen Anlass zu Beanstandungen aus der Sicht höherrangigen Rechts geboten habe.
Grundlage für die hier zu treffende Entscheidung sei die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 1a BhV. Danach minderten sich die beihilfefähigen Aufwendungen um zehn vom Hundert der Kosten, mindestens um fünf Euro, höchstens um zehn Euro, jeweils um nicht mehr als die tatsächlichen Kosten bei Arznei- und Verbandmittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BhV.
Das Bundesverwaltungsgericht zähle in seinem Urteil vom 17.06.2004 mehrere Kostendämpfungsmaßnahmen des Bundes und der Länder aus jüngerer Zeit auf. Es nenne dabei die 27. AVV ausdrücklich, ohne sie in irgendeiner Weise inhaltlich zu beanstanden. Dies mache deutlich, dass die Minderung der beihilfefähigen Aufwendungen hinsichtlich der Eigenbehalte bei Arznei- und Verbandmittel gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1a BhV als wesentlicher Bestandteil der angesprochenen Kostendämpfungsmaßnahmen zu dem nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vorläufig gebilligten Handlungsprogramm der Beihilfe gehöre und daher auch im Interesse der Gleichbehandlung aller Beihilfeberechtigten zunächst weiterhin anzuwenden sei.
Im Urteil vom 23.09.2005 (AZ.: 10 A 10534/05.OVG) habe das OVG Rheinland-Pfalz entschieden, dass die von einem Bundesbeamten einbehaltene Praxisgebühr und der Eigenanteil an den Kosten für Medikamente jedenfalls dann nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verstießen, wenn die Belastung weniger als 1 % des Jahreseinkommens betrage. Die Minderung der Beihilfe, durch die die Einschränkungen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf die beamtenrechtliche Krankenfürsorge übertragen worden seien, verstoße nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Zwar dürfe danach der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten nicht durch besondere finanzielle Belastungen in Krankheitsfällen gefährdet werden. Jedoch seien Kostendämpfungsmaßnahmen zulässig, wenn die nicht versicherbare Eigenbeteiligung auf einen Betrag von weniger als 1 % des Jahreseinkommens begrenzt bleibe.
Am 18.09.2008 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, nach Ansicht des VG Göttingen seien die Beihilfevorschriften des Bundes ab Beginn des Jahres 2007 nicht mehr anwendbar.
Das Bundesverwaltungsgericht habe im Urteil vom 26.06.2008 – AZ 2 C 2.07 – ausgeführt, dass die weitere Anwendbarkeit der Leistungsausschlüsse und Leistungseinschränkungen trotz Notwendigkeit der Aufwendungen voraussetze, dass die jeweilige Regelung nicht aus anderen Gründen gegen höherrangiges Recht verstoße. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht halte den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er müsse im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden dürfe. Demgegenüber würden die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe BhV auch dann von der Beihil...