Leitsatz (amtlich)
1. Auch nach der Neufassung des § 15 Abs. 3a BAföG durch das Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) vom 19. März 2001 ist das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 15 Abs. 3 BAföG, wonach die Verlängerung der Förderungshöchstdauer von der Prognose abhängig ist, dass der Studierende den Leistungsrückstand aufholt und das Studium innerhalb einer angemessenen Nachholzeit berufsqualifizierend abschließen kann, nicht obsolet.
2. In die im Rahmen des § 15 Abs. 3 BAföG anzustellende Prognose ist die in § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG vorgesehene „Karenzzeit” von vier Semestern einzubeziehen. Die verlängerte Studienförderung nach § 15 Abs. 3 BAföG kann dann beansprucht werden, wenn zu erwarten ist, dass innerhalb von vier Semestern nach Auslaufen der verlängerten Förderung gemäß § 15 Abs. 3 BAföG die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der sich dann anschließenden Studienabschlusshilfe nach § 15 Abs. 3a BAföG erreicht werden können.
Tatbestand
I. Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Gewährung von Leistungen der Ausbildungsförderung.
Der … geborene Antragsteller studiert seit dem Wintersemester 1999/2000 … an der Universität Hamburg und erhält seitdem Ausbildungsförderung nach den Bestimmungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG). Im Wintersemester 2003/2004 war er aus Krankheitsgründen beurlaubt.
Am 30. September 2004 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Weiterbewilligung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus. Hierbei gab er als Grund für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer seine Tätigkeit in verschiedenen Hochschulgremien an. Er werde seine Diplomarbeit voraussichtlich im Sommersemester 2007 beginnen und diese spätestens im Wintersemester 2007/2008 beenden können.
Den Weiterbewilligungsantrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 06. Dezember 2004 ab. Zur Begründung gab sie an, dass bei Gremientätigkeit i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG eine Verlängerung der Studienförderung um maximal zwei Semester angemessen sei. Ein Anspruch müsse insoweit aber vollständig ausscheiden, wenn nicht prognostiziert werden könne, dass innerhalb der verlängerten Förderungszeit der Studienabschluss bzw. die Zulassung zur Abschlussprüfung erreicht werden könnten. Nach den Angaben des Antragstellers sei hiermit aber nicht zu rechnen.
Gegen den ablehnenden Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 26. Dezember 2004 Widerspruch ein, den er mit Schreiben vom 15. Mai 2005 weiter begründete. Dabei machte er geltend, dass nach der Neufassung des § 15 Abs. 3a BAföG durch das Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) vom 19. März 2001 ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in § 15 Abs. 3 BAföG, wonach eine Verlängerung der Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nur in Betracht komme, wenn innerhalb des angemessenen Verlängerungszeitraumes die Ausbildung abgeschlossen oder zumindest die Zulassung zur Abschlussprüfung erreicht werde könne, keine Berechtigung mehr habe. Jedenfalls müsse nunmehr mit Blick auf § 15 Abs. 3a BAföG n.F. eine Förderung gemäß § 15 Abs. 3 BAföG auch dann erfolgen, wenn innerhalb der sich an die Verlängerungszeit gemäß § 15 Abs. 3 BAföG anschließenden sog. Karenzzeit von vier Semestern die Zulassung zur Abschlussprüfung erreicht werden könne.
Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2005 zurück. In dem Widerspruchsbescheid wies die Antragsgegnerin insbesondere darauf hin, dass die Neufassung des § 15 Abs. 3a BAföG keine Veranlassung gebe, von der bisherigen Auslegung des § 15 Abs. 3 BAföG abzuweichen.
Am 02. Juni 2005 hat der Antragsteller Klage erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung legt er seinen bisherigen Rechtsstandpunkt vertiefend dar und macht Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Ausbildungsförderung nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG für sein Studium der … an der Universität Hamburg für die Zeit ab der gerichtlichen Entscheidung bis September 2005 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin nimmt Bezug auf die Begründung ihres Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2005.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Eilverfahrens sowie auf die Gerichtsakte des parallelen Klageverfahrens 2 K 1758/05, ferner auf die Sachakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Der gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Leistungen der Ausbildungsförderung zu bewilligen, ist begründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustand...