Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderungs- und Leistungsbescheid. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf DM 1.009,– festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Rückforderung von Lastenausgleichsleistungen.
Mit Bescheiden vom 19.05.1988 stellte das Ausgleichsamt der Antragsgegnerin zugunsten der unmittelbar geschädigten Antragstellerin und weiterer sechs Eigentümer Wegnahmeschäden nach dem BVG an Grundvermögen in Erfurt (…straße …) und in Weimar (…-Straße … und …straße …) in Höhe von insgesamt 124.900,– M-Ost (Verbindlichkeiten: 20.400,– M-Ost) fest. Für das Grundstück …-Straße … wurde dabei von einem Einheitswert von 49.200,– M-Ost, einem Abgeltungsbetrag von 12.800,– M-Ost und von Verbindlichkeiten von 6.000,– M-Ost ausgegangen. Entsprechend ihrem Eigentumsanteil wurde für die Antragstellerin für die Grundstücke …-Straße … und …straße … in Weimar (Eigentumsanteil jeweils 6/24) ein Schaden von 24.450,– M-Ost und für das Grundstück …straße … in Erfurt (Eigentumsanteil 6/48) ein Schaden in Höhe von 3.337,50 M-Ost, insgesamt also ein Schaden von 27.887,50 M-Ost festgestellt.
Aufgrund der festgestellten Wegnahmeschäden erkannte das Ausgleichsamt der Antragsgegner der Antragstellerin als Hauptentschädigung einen ab dem 01.01.1980 nach § 250 Abs. 3–6 LAG zu verzinsenden Endgrundbetrag von DM 17.650,– zu. Der Antragstellerin wurde daraufhin ein Betrag von insgesamt DM 24.180,50 (Endgrundbetrag zuzüglich 1 % Zinszuschlag für jedes angefangene Kalendervierteljahr vom Januar 1980 bis März 1989 = DM 6.530,50) ausgezahlt.
Nachdem die Antragstellerin und die weiteren Eigentümer nach der Wiedervereinigung wieder tatsächlich über das Grundstück …-Straße … in Weimar, welches nach einer Auskunft des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt Weimar an die Antragsgegnerin vom 28.10.1994 zu keinem Zeitpunkt Verfügungsbeschränkungen unterlag, verfügen konnten, teilte das Ausgleichsamt der Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 12.07.1995 mit, daß zunächst beabsichtigt sei, für dieses Grundstück den gewährten Lastenausgleich zurückzufordern.
Mit Rückforderungs- und Leistungsbescheid vom 06.03.1996 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Rückzahlung von DM 4.036,– Hauptentschädigung für das Grundvermögen …-Straße … in Weimar auf. Bei der Berechnung des Rückforderungsbetrages wurde ein Endgrundbetrag von DM 3.000,– und ein Zinszuschlag von DM 1.036,– zugrundegelegt.
Gegen den am 07.03.1996 abgesandten Bescheid legte die Antragstellerin am 09.04.1996 Beschwerde ein und beantragte sie weiter bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung.
Mit Bescheid vom 25.07.1996 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids nicht bestünden und die Vollziehung für die Antragstellerin auch keine unbillige Härte darstelle.
Am 07.08.1996 suchte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Rückforderungs- und Leistungsbescheids der Antragsgegnerin. § 349 LAG sehe eine Minderung der Rückforderungsansprüche bei Substanzeinbußen oder Substanzverlust nicht vor. Dies widerspreche dem ursprünglichen Prinzip des Lastenausgleichs, wonach eben Lastenausgleich nur insoweit zurückverlangt werden könne, als der Schaden im Sinne des LAG tatsächlich aufgehoben sei. Damit werde das Gesetz der Unterschiedlichkeit der einzelnen Betroffenen nicht gerecht. Eine Einzelfallunterscheidung bei der Rückforderung werde nicht vorgenommen. Diese Ungleichbehandlung sei mit dem Willkürverbot des Art. 3 GG nicht vereinbar. Die Rückforderung des Lastenausgleichs verstoße auch gegen Art. 14 GG. Mit Anspruch und Gewährung von Lastenausgleich habe der Lastenausgleichsempfänger eine eigentümerähnliche Position erworben. Die Rückforderung trotz fehlenden Ausgleich des Schadens und mit ausdrücklichem Ausschluß des Minderungseinwands greife in verfassungswidriger Weise in die Rechte des Lastenausgleichsempfängers ein. Statt einer Förderung des Wiederaufbaus, auch im staatlichen Interesse, werde in eigentümerbeschränkender Weise gerade der Wiederaufbau erschwert. Schematische Rückzahlungsverpflichtungen ohne Einzelfallprüfungen verstießen mithin gegen des Grundrecht des Art. 14 GG. Dies gelte auch für die uneingeschränkte Rückforderung des Zinszuschlags. Der neben der Hauptentschädigung gewährte Zinszuschlag habe den Sinn – gerade im Hinblick auf die langen Verfahren im Rahmen der ehemals beantragten Lastenausgleichszahlungen –, ein Ungleichgewicht zwischen Personen zu relativieren, bei denen die Ausgleichszahlungen zu höchst unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt seien. Hier habe ein Ausgleich für Geldempfänger geschaffen werden sollen, die den Lastenausgleich zu einem späteren Zeitpunkt erhalten hätten und somit...