Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachbarschutz. Wohnungseigentümergemeinschaft. Sondereigentum. Mieter. Baugenehmigung. In der Verwaltungsrechtssache. Nutzungsänderung. Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 VwGO

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Sondereigentümer steht die öffentlich-rechtliche Nachbarklage nicht zu gegen eine Baugenehmigung (hier: zur Nutzungsänderung), die dem Mieter einer im Sondereigentum eines anderen Mitglieds der Eigentümergemeinschaft stehenden Einheit erteilt worden ist.

 

Normenkette

VwGO § 42 Abs. 2; WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 3

 

Beteiligte

Stadt Karlsruhe – Bauordnungsamt –, vertreten durch den Oberbürgermeister

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Aktenzeichen 12 K 1352/95)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 1995 – 12 K 1352/95 – wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf DM 25.000,– festgesetzt.

 

Gründe

Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat das Aussetzungsbegehren der Antragstellerin gegen die dem Beigeladenen erteilte, für sofort vollziehbar erklärte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 31.10.1994 „zur Nutzungsänderung eines Ladens in eine Gaststätte” im Erdgeschoß des Anwesens Leopoldstraße 6 (Flst. Nr. 833) auf Gemarkung der Antragsgegnerin zu Recht abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat dies auch zutreffend mit der fehlenden Antragsbefugnis der Antragstellerin, die Eigentümerin der im ersten Obergeschoß (über der geplanten Gaststätte) gelegenen Eigentumswohnung ist, begründet; der Senat macht sich diese Erwägungen im angefochtenen Beschluß zu eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Mit Blick auf das Beschwerdevorbringen sei lediglich angemerkt, daß der Senat jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren die Rechtsauffassung des 8. Senats des erkennenden Gerichtshofs (vgl. Beschl. v. 11.06.1991 – 8 S 1385/91 –, NJW-RR 1992, 273) teilt, wonach der Beigeladene als Mieter der fraglichen Erdgeschoß-Einheit kein im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 14.10.1988 – 4 C 1.86 –, NVwZ 1989. 250) „außerhalb der Eigentümergemeinschaft stehender Dritter” ist, dem die angefochtene Baugenehmigung erteilt wurde, sondern aufgrund der mietvertraglichen Beziehungen zwischen dem Beigeladenen und dem Eigentümer der Erdgeschoß-Einheit ein „Zusammenwirken” mit einem Mitglied der Eigentümergemeinschaft im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.1990 – 4 B 32.90 – (NVwZ 1990, 655) vorliegt, so daß Rechtsschutz für die Antragstellerin nur über das Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zu erlangen ist. Dieser Verweis auf ein Vorgehen im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann – entgegen der Meinung der Antragstellerin – nicht deshalb als Verweigerung effektiven Rechtsschutzes für die Antragstellerin gewertet werden, weil nach § 4 Nr. 3 Satz 3 der Gemeinschaftsordnung zur notariellen Teilungserklärung für die Ausübung eines Gewerbes oder Berufs in dem – hier fraglichen – Teileigentum im Erdgeschoß keine Zustimmung (des Verwalters) erforderlich ist, so daß der Rechtsschutz über § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG nicht erfolgversprechend sei. Denn dies ist allenfalls eine Frage der Begründetheit eines Antrags der Antragstellerin nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG gegen den Eigentümer der fraglichen, neu zu nutzenden Erdgeschoß-Einheit (… Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander …). An der im vorliegenden Zusammenhang allein maßgeblichen Möglichkeit für die Antragstellerin, gegen den Miteigentümer im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorzugehen, ändert dies nichts. Auch daß die Antragstellerin als Inhaberin der „direkt” über der fraglichen Erdgeschoß-Einheit gelegenen Eigentumswohnung noch mehr betroffen ist als die Eigentümer der benachbarten Grundstücke, vermag allein die geforderte Einordnung der Erdgeschoß-Einheit als – selbständiges – „Grundstück im Kleinen”, das die Antragsbefugnis und damit die Möglichkeit der öffentlich-rechtlichen Nachbarklage vermittelt, nicht zu begründen. Die Antragstellerin weist selbst zutreffend darauf hin, daß sie mit der rein zivilrechtlich wirkenden Zustimmung zur Gemeinschaftsordnung zur notariellen Teilungserklärung nicht ihr Einverständnis zu jedwedem Bauantrag betreffend die fragliche Erdgeschoß-Einheit erklärt hat. Da die angefochtene Baugenehmigung der Antragstellerin gegenüber keine öffentlich-rechtliche Wirkung entfaltet, wird sie durch diese auch nicht gebunden. Vielmehr kann die Antragstellerin im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerade auch die materielle Baurechtswidrigkeit des genehmigten Vorhaben geltend machen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.02.1990, a.a.O.). Denn die Antragstellerin kann vom Eigentümer der fraglichen Erdgeschoß-Einheit einen dem Gesetz entsprechenden Gebrauch dieses Sondereigentums verlangen (§ 15 Abs. 3 WEG). Auch wenn die Nutzung dieses Sondereigentums – wie hier ...

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