Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung. Fragen der Lohngestaltung. Dotierungsrahmen. Freiwillige Leistung. Formulararbeitsverträge. Feststellung
Leitsatz (amtlich)
Zum Mitbestimmungstatbestand „Fragen der Lohngestaltung”.
Normenkette
LPVG § 79 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 6
Verfahrensgang
VG Sigmaringen (Beschluss vom 29.02.2000; Aktenzeichen P 11 K 6/98) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 29. Februar 2000 – P 11 K 6/98 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Auf Grund einer entsprechenden Empfehlung des Hauptausschusses des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Baden-Württemberg vom 22.10.1997 gab die Stadt xxxx Anfang des Jahres 1998 bekannt, dass Angestellte, Arbeiter und Auszubildende, die ab dem 01.04.1998 eingestellt würden, keinen Anspruch auf Beihilfe in Krankheitsfällen hätten. Mit Schreiben vom 24.02.1998 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, dass die Umsetzung der Empfehlung ohne Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens erfolge. Ab dem 01.04.1998 wurde folgende Nebenabrede als gesondertes Beiblatt in den jeweiligen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag aufgenommen:
„Die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01. November 1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Angestellten sowie Angestelltenlehrlinge und -anlernlinge finden auf dieses Arbeitsverhältnis keine Anwendung.”
oder
„Die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01. November 1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Arbeiter und Handwerkerlehrlinge finden auf das vorliegende Arbeitsverhältnis (bzw. Ausbildungsverhältnis) keine Anwendung.”
Am 20.10.1998 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Sigmaringen – Fachkammer für Personalvertretungssachen – das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und zuletzt beantragt festzustellen, dass er bei der Einstellung von Angestellten und Angestelltenauszubildenden sowie bei der Einstellung von Arbeitern und Handwerkerauszubildenden bezüglich des Ausschlusses der Bewilligung von Beihilfen im Krankheitsfall ein Mitbestimmungsrecht habe, und ferner, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch die Verwendung von Formulararbeitsverträgen verletzt werde, hilfsweise, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch die Änderung des Inhalts der Formulararbeitsverträge seit dem 01.04.1998 verletzt werde, in denen unter Ziff. 8 die neue Klausel enthalten ist: „Die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Angestellte sowie an Angestelltenlehrlinge und -anlernlinge finden auf dieses Arbeitsverhältnis keine Anwendung” bzw. „die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Arbeiter und Handwerkerlehrlinge finden auf das vorliegende Arbeitsverhältnis (bzw. Ausbildungsverhältnis) keine Anwendung”. Er hat geltend gemacht, dass ihm hinsichtlich des Ausschlusses der Beihilfegewährung beim Abschluss neuer Arbeits- und Ausbildungsverträgen nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG ein Mitbestimmungsrecht zustehe, da es sich hierbei um eine Frage der Lohngestaltung handele. Die Lohngestaltung betreffe insgesamt das Entgelt des Arbeitnehmers. Entgeltcharakter hätten daher auch Beihilfeleistungen. Wegen der im Jahre 1970 erfolgten Kündigung der Tarifverträge vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Angestellte sowie an Angestelltenlehrlinge und -anlernlinge sowie über die Bewilligung von Beihilfen an Arbeiter und Handwerkerlehrlinge ergebe sich die Anwendung der alten tarifvertraglichen Regelungen bezüglich der schon Beschäftigten ausschließlich aus § 4 Abs. 5 TVG. Die Nachwirkungen eines ausgelaufenen Tarifvertrages aus § 4 Abs. 5 TVG stünden – solange kein neuer Tarifvertrag abgeschlossen sei – dem Mitbestimmungsrecht nicht entgegen. Ferner werde sein Mitbestimmungsrecht aus § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG verletzt, da die Dienststelle seit dem 01.04.1998 geänderte Arbeitsverträge verwende. Hierbei handele es sich um Formulararbeitsverträge.
Der Beteiligte hat beantragt, den Antrag abzulehnen. Er hat vorgetragen, dass der Lohnbegriff des § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG zwar weit auszulegen sei und deshalb zum Lohn auch alle leistungs- und tätigkeitsbezogenen Vergütungsbestandteile (z. B. Provisionen, Erschwerniszulagen, Gratifikationen, Arbeitgeberdarlehen, und ähnliches) gehörten. Die fraglichen Beihilfen dienten jedoch ohne jeden Vergütungscharakter allein dem Ersatz von Aufwendungen. Im Übrigen sei dieser Mitbestimmungstatbestand auf das Aufstellen allgemeiner Regeln beschränkt, die die Technik bestimmten, nach der die Lohnfindung zu erfolgen habe. Er erstrecke sich aber nicht auf die Höhe des Lohns. Lohnhöhe und Lohnpolitik seien nicht Gegenstand der Mitbestimmung, sondern der Tarifpolitik. Die Entscheidung, neu einzustellenden Beschäftigten keinen Beihilfeanspruch mehr zu gewähren, betreffe allenfalls die Frage der Lohnhöhe. Der Antrag Nr. 2 sei schon zu unbestimmt. Im Übri...