Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretung. Mitbestimmung. Dienstvereinbarung. Initiativrecht des Personalrats. Vorbehalt einer gesetzlichen Regelung. Initiativrechts zum Abschluß einer Dienstvereinbarung betreffend den Mutterschutz
Leitsatz (amtlich)
Der Personalrat hat wegen des Vorbehalts einer gesetzlichen Regelung in § 79 Abs. 1 Eingangssatz LPVG kein Initiativrecht zum Abschluß einer Dienstvereinbarung, mit welcher Beschäftigungsverbote im Sinn des Mutterschutzrechts festgelegt werden sollen.
Normenkette
LPVG § 70 Abs. 1, §§ 73, 79 Abs. 1, 1 S. 1 Nr. 8; BPersVG § 70 Abs. 1, §§ 73, 75 Abs. 3, 3 Nr. 11; MuSchG § 3 ff.
Verfahrensgang
VG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 06.12.1988; Aktenzeichen 8 K 8/88) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Freiburg – Fachkammer für Personalvertretungssachen – vom 6. Dezember 1988 – 8 K 8/88 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Aufgrund eines Beschlusses vom 7.12.1987 stellte der antragstellende Personalrat des Kreiskrankenhauses E. beim beteiligten Dienststellenleiter mit Schreiben vom 8.12.1987 unter dem Betreff „Durchführung des Mutterschutzgesetzes für den Bereich Pflegedienst” mit Hinweis auf § 70 Abs. 1 Satz 1 LPVG einen Initiativantrag zum Abschluß einer Dienstvereinbarung, wobei er sich auf die Mitbestimmung nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 LPVG über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und sonstigen Gesundheitsschädigungen stützte. Der Antragsteller schlug dabei eine Dienstvereinbarung mit folgendem Inhalt vor:
Werdende und stillende Mütter sind in folgenden Bereichen nicht mehr einzusetzen:
- Gruppe 10
- OP/Anästhesie
- Chirurgische Ambulanz
- Intensivstation.
Auf eigenen Wunsch werden Schwangere/Stillende nicht mehr eingesetzt
- auf den inneren Pflegegruppen
- in den chirurgischen Pflegegruppen.
- Werdende und stillende Mütter können auf den Pflegegruppen nur dann als allein verantwortliche Schichtführererinnen eingeteilt werden, wenn mindestens 2 weitere Pflegepersonen, davon eine examinierte Krankenpflegekraft, in der gleichen Schicht mitarbeiten.
- Weitere Einzelheiten sind auf einem Merkblatt geregelt, das jeder Schwangeren übergeben wird.
- Dieses Merkblatt ist Bestandteil dieser Dienstvereinbarung.
Merkblatt
Beschäftigungsverbote für Schwangere und Stillende im Bereich Pflegedienst des Kreiskrankenhauses E.
I. Folgende Arbeiten dürfen von werdenden und stillenden
Müttern nicht ausgeführt werden:
§ 4 Abs. 2 Ziff. 1 MuSchG
- Betten, Umbetten, Waschen und Mobilisieren von Patienten, wenn die Schwangere/Stillende diese dabei tragen, anheben oder abstützen oder beim Aufstehen behilflich sein muß
- Transport von Betten
- Transport von Patienten in Rollstühlen;
§ 4 Abs. 2 Ziff. 6 MuSchG
- Injektionen, Entsorgen von gebrauchten Kanülen, Viggos und Instrumenten
- Instrumentieren bei Operationen, Wundversorgungen und kleinen Eigriffen,
II. Arbeiten, bei denen die Schwangere/Stillende direkten Haut- oder Schleimhautkontakt mit Nativblut, Nativplasma, Blutserum, Sputum, Sekreten, Exkrementen, Urin und allen damit in Berührung kommenden Gegenständen hat oder haben kann, dürfen nur bei entsprechenden Schutzmaßnahmen durchgeführt werden; es sind dies
- Tragen von Schutzkleidung
- Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen.
III. Es sind hier nicht alle Arbeiten aufgeführt, die für Schwangere und Stillende nicht erlaubt sind. Für die Einhaltung der Beschäftigungsverbote ist die Pflegedienstleitung zuständig; sie hat nach § 2 Abs. 1 MuSchG folgende Maßnahmen zu veranlassen:
Werdende und stillende Mütter sind in folgenden Bereichen nicht mehr einzusetzen:
- Gruppe 10
- Chirurgische Ambulanz
- OP/Anästhesie
- Intensivstation.
Auf ihren Wunsch werden Schwangere/Stillende nicht mehr eingesetzt
- auf den inneren Pflegegruppen
- auf den chirurgischen Pflegegruppen.
Der Antragsteller äußerte in dem Schreiben vom 8.12.1987, mit dem Vorschlag wolle er für die Einhaltung der Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes sorgen; die Praxis im Pflegedienst des Kreiskrankenhauses E. weise diesbezüglich Mängel auf.
Mit Schreiben an den Antragsteller vom 22.4.1988 erklärte der beteiligte Dienststellenleiter, für die vorgeschlagene Dienstvereinbarung sei kein Raum. Angesichts des Mutterschutzgesetzes und der darin festgelegten Beschäftigungsverbote bestehe in der fraglichen Angelegenheit eine gesetzliche Regelung, so daß wegen des Vorbehalts in § 79 Abs. 1 Eingangssatz LPVG eine Mitbestimmung nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 LPVG ausscheide. Die Rechte des Antragstellers aus § 68 Abs. 1 und § 83 LPVG blieben unberührt.
Am 27.6.1988 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht Freiburg – Fachkammer für Personalvertretungssachen – angerufen. Er hat beantragt festzustellen, daß die Durchführung des Mutterschutzgesetzes für den Bereich Pflegedienst der Mitbestimmung unterliegt. Sein Initiativantrag sei zu Unrecht abgelehnt worden. Das Mutterschutzgesetz treffe keine erschöpfende und abschließende Regelung; die Beschäftigungsverbote des Mu...