Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretung. Mitbestimmung. Arbeitszeit. Dienstplan. Anrechnung von Wegezeit. Mitbestimmung bei Dienstplänen (Wegfall von Wegezeiten)
Leitsatz (amtlich)
Es bedeutet keine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung im Sinne von § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG, wenn ein Dienstplan festlegt, daß künftig auch während einer Wegezeit, die bisher auf die Arbeitszeit angerechnet wurde, Arbeitsleistung zu erbringen ist.
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1, § 76 Abs. 2 Nr. 5
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 14.11.1990; Aktenzeichen PVS 40/89) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. November 1990 PVS 40/89 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Zur Dienststelle der Beteiligten gehört die im Fernmeldeturm in … eingerichtete Funkübertragungsstelle. Dort sind 40 bis 50 Postbedienstete beschäftigt, davon etwa 25 im Schichtdienst. Während des Wochenendes wird eingeschränkter Dienst geleistet.
Gemäß einer Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 19.11.1973 (211–27554-OF/FuÜ) betreffend die Arbeitsorganisation im Fernmeldewesen (Funkübertragungsbereich) konnten bei Arbeitsplätzen, die sich an einem abgelegenen Ort befinden, Wegezeiten in gewissem Umfang als Arbeitszeit (Nebenzeit) angerechnet werden, wenn die Funkübertragungsstelle mindestens 1 km von der Ortstafel oder der bauamtlich festgelegten Bebauungsgrenze entfernt ist. Dementsprechend wurden jedem im Fernmeldeturm Beschäftigten von Anfang an arbeitstäglich 20 Minuten Wegezeit als Dienstzeit angerechnet (2 × 10 Minuten für die Zurücklegung des Weges von der Ortstafel „…” zum Fernmeldeturm und zurück). Der Personalmehrbedarf im Fernmeldeturm für diese Maßnahme betrug rechnerisch 1,6 Arbeitseinheiten (= 1,6 Beschäftigte). Die Verfügung vom 19.11.1973 ist seit April 1991 aufgehoben.
Die Vorprüfungsstelle der Oberpostdirektion … hielt unterm 27.10.1987 zwar die Voraussetzungen der Verfügung vom 19.11.1973 als gerade noch erfüllt (Entfernung von der Ortstafel „…” 1019 m), die Zuerkennung von Wegezeiten aber angesichts der Erreichbarkeit des Fernmeldeturms mit öffentlichen Verkehrsmitteln überzogen. Trotz Gegenvorstellungen des Beteiligten erklärte die Oberpostdirektion mit Verfügung vom 19.9.1988 die Anrechnung von Wegezeiten bei der Berechnung des Personalbedarfs für unzulässig. Die Ortstafel „…” grenze lediglich die Kernstadt zu den Stadtteilen … ab. Der Fernmeldeturm liege daher nicht an einem abgelegenen Ort.
Der Beteiligte entwarf Anfang 1989 neue Dienstpläne für die im Fernmeldeturm Beschäftigten. Drei der Dienstplanentwürfe betrafen die im Fernmeldeturm wahrzunehmenden Aufgabengebiete Leitplatz Funk (CFt), Leitplatz Funk (BFt) und Störungsannahme Funkdienste. In den Dienstplanentwürfen wurde die zum 1.4.1989 erfolgte Einführung der 39-Stunden-Woche umgesetzt. Außerdem waren die bisher als Arbeitszeit gewerteten Wegezeiten zum und vom Fernmeldeturm nicht mehr als Arbeitszeit angerechnet. Dies bedeutete – trotz Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit um eine Stunde – für jeden Beschäftigten rechnerisch eine Verlängerung der im Fernmeldeturm zu leistenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit um 4 Minuten.
Der Beteiligte leitete Anfang April 1989 die Dienstplanentwürfe dem Antragsteller zu mit dem Antrag auf Zustimmung. Der Beteiligte verweigerte zu den drei erwähnten Dienstplänen die Zustimmung fristgerecht mit Schreiben vom 14.4.1989. In dem Weigerungsschreiben heißt es: Die Dienstplanentwürfe enthielten nicht mehr die nach der Verfügung vom 19.11.1973 anrechenbaren Wegezeiten. Der Personalrat sei verpflichtet, darüber zu wachen, daß die zugunsten der Beschäftigten geltenden Verwaltungsanordnungen durchgeführt würden. Die Einführung der Dienstpläne stelle einen Verstoß gegen die Verfügung vom 19.11.1973 dar. Der Fernmeldeturm stehe mehr als 1 km von der Bebauungsgrenze entfernt. Die Ortstafel „…” sei die erste nach der Gemarkungsgrenze der Stadt. Die Ortstafel des Wohngebiets „…” stehe ebenfalls mehr als 1 km entfernt. Die Verfügung vom 19.11.1973 stelle keine Beziehung her zur Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Der Beteiligte legte die Angelegenheit mit Schreiben vom 24.4.1989 der Oberpostdirektion zur Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens nach § 69 Abs. 3 BPersVG vor. Der Präsident der Oberpostdirektion brach das Mitbestimmungsverfahren mit der Begründung ab, die Weigerungsgründe beträfen ausschließlich die Arbeitszeit selbst, nicht deren zeitliche Lage. Auf die Arbeitszeit selbst erstrecke sich die Mitbestimmung aus § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht. Die Nichtzustimmung sei daher als unbegründet anzusehen mit der Folge, daß die Maßnahme als gebilligt gelte. Der Beteiligte setzte darauf die Dienstpläne zum 12.6.1989 in Kraft.
Der Antragsteller hat im Juli 1989 das Verwaltungsgericht Stuttgart angerufen. Er hat die Feststellung beantr...