Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Zustimmung. außerordentliche Kündigung. wichtiger Grund. Kündigungsfrist. Verdachtskündigung. Beleidigung. allgemeines Persönlichkeitsrecht. DNA-Analyse. Verwertungsverbot. Güter- und Interessenabwägung. Sachverhaltsaufklärung. Ausschluss aus dem Personalrat. Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Das Ergebnis einer ohne Kenntnis und Einwilligung des Betroffenen erhobenen DNA-Analyse kann für eine außerordentliche Verdachtskündigung, die wegen der Verbreitung anonymer Schreiben mit beleidigendem Inhalt in der Dienststelle ausgesprochen werden soll, nicht verwertet werden.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BPersVG § 108 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1-2; BAT § 54 Abs. 1-2; ZPO § 286; LPVG § 28 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 25.10.1999; Aktenzeichen PL 21 K 14/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 25. Oktober 1999 – PL 21 K 14/99 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller erstrebt die Ersetzung der Zustimmung des Personalrats der Kreissparkasse L. (Beteiligter zu 1.) zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. und hilfsweise den Ausschluss des Beteiligten zu 2. aus dem Personalrat der Kreissparkasse L.
Der am 02.02.1950 geborene Beteiligte zu 2. ist unverheiratet. Er trat am 01.12.1966 als Auszubildender bei der Kreissparkasse L. ein und wurde von dieser nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung als Bankkaufmann in das Angestelltenverhältnis übernommen. Er ist seitdem mit Ausnahme einer durch den Wehrdienst bedingten Unterbrechung bei der Kreissparkasse L. beschäftigt und derzeit in der Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert. Der Beteiligte zu 2. war seit Mai 1972 Jugendvertreter, später Mitglied des Beteiligten zu 1. von Juni 1977 bis April 1993 als dessen stellvertretender Vorsitzender und ist seit Juni 1993 Vorstandsmitglied des Beteiligten zu 1. Er ist wegen seiner Tätigkeit im Personalrat seit 01.11.1976 von seiner dienstlichen Tätigkeit in der Kreissparkasse freigestellt. Außerdem ist er Vertreter der Beschäftigten im Verwaltungsrat der Kreissparkasse.
Mit Schreiben vom 29.06.1999 teilten der Vorsitzende des Vorstands der Kreissparkasse K. und das Mitglied des Vorstandes K. dem Vorsitzenden des Beteiligten zu 1. mit, man beabsichtige, dem Beteiligten zu 2. außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsende zu kündigen. Hierzu beantragten die beiden Vorstandsmitglieder gemäß § 108 BPersVG die Zustimmung des Beteiligten zu 1.. Zur Begründung führten sie aus: Sie hätten den dringenden Verdacht, dass der Beteiligte zu 2. Urheber eines als Anlage vorgelegten anonymen Schreibens an den Abteilungsdirektor W. der Kreissparkasse sei, jedenfalls aber dieses Schreiben im Haus der Kreissparkasse verbreitet habe. Das Schreiben sei Herrn W. am 04.05.1998 zugegangen. Am selben Tag oder an den folgenden Tagen hätten der Vorsitzende des Vorstands der Kreissparkasse K. und die beiden weiteren Mitglieder des Vorstandes K. und H. sowie mehrere Direktoren des Instituts Kopien des Schreibens erhalten. Auf einer Personalversammlung am 10.02.1999 habe der Beteiligte zu 2. den anonymen Brief, den Herr W. am 04.05.1998 erhalten habe, erwähnt. Er habe sinngemäß vorgebracht, dass der Vorstand der Kreissparkasse nicht gegen Führungskräfte vorgehe, obwohl gegen diese Mobbingvorwürfe im Raum stünden. Wenn dadurch Mitarbeiter gezwungen würden, anonyme Briefe zu schreiben, seien auch diejenigen dafür verantwortlich, die solche Dinge zuließen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die Teilnehmer der Personalversammlung Kenntnis von der Existenz des anonymen Schreibens erlangt. Im Laufe des nachfolgenden Schriftwechsels zwischen dem stellvertretenden Vorstandsmitglied Dr. Sch. und dem Beteiligten zu 2., der den Ablauf der Personalversammlung zum Gegenstand gehabt habe, sei die Vermutung aufgekommen, dass das anonyme Schreiben an Herrn W. auf demselben Drucker erstellt worden sei wie das Schreiben des Beteiligten zu 2. an Herrn Dr. Sch. Am 26.02.1999 sei vor der Tür der Abteilung „Marketing Privatkunden” ein Briefumschlag mit einem weiteren, an Frau H. adressierten anonymen Brief und mit einem anderen, die Anrede „Lieber Helmut” enthaltenden anonymen Schreiben gefunden worden. Die Handschrift auf dem Umschlag weise Ähnlichkeiten mit der Handschrift auf, die sich auf den Umschlägen befänden, in denen der anonyme Brief betreffend Herrn W. an verschiedene Führungskräfte verschickt worden sei. Man habe dann im März 1999 ein Schriftgutachten eingeholt, das zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das Schreiben des Beteiligten zu 2. an Herrn Dr. Sch. vom 16.02.1999 und die anonymen Briefe an Herrn W. und an Frau H. auf demselben Drucker gedruckt worden seien. Daraus ergebe sich der Verdacht, dass der Beteiligt...