Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassung. Probezeit
Leitsatz (amtlich)
1. “Probezeit” im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 2 LBG ist diejenige Zeit, während der sich der Beamte auf Probe bewähren soll (laufbahnrechtliche Probezeit, sog. Bewährungszeit).
2. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn folgt, daß dieser im Falle der Nichtbewährung eines Beamten auf Probe alsbald nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit eine Entscheidung darüber trifft, ob der Beamte wegen Nichtbewährung zu entlassen ist oder ob dessen Probezeit verlängert wird. Unterbleibt diese Entscheidung, so kann der Beamte in der Regel darauf vertrauen, daß er sich bewährt hat. Eine Entlassung wegen Nichtbewährung ist dann ausgeschlossen, es sei denn, daß im Einzelfall ausnahmsweise Umstände vorliegen, die eine Vertrauenslage dieser Art nicht entstehen ließen (im Anschluß an OVG Lüneburg, Urt. v. 17.12.1965 – ZBR 1966, 212 ff.).
3. Die laufbahnrechtliche Probezeit kann aus Gründen der Rechtssicherheit und der Formenstrenge des Beamtenrechts nur ausdrücklich unter Festlegung ihrer zeitlichen Dauer verlängert werden (wie OVG Lüneburg a.a.O.).
Normenkette
LBG § 38 Abs. 1 Nr. 2; BBG § 31 Abs. 1 Nr. 2; LVO § 14; BLV § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 2. Halbsatz
Verfahrensgang
VG Karlsruhe (Urteil vom 21.03.1973; Aktenzeichen IV 153/77) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. März 1973 – IV 153/77 – geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Er wurde nach dem Bestehen der 1. Prüfung für das Lehramt an Realschulen mit Wirkung vom 1.4.1971 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Reallehreranwärter ernannt. Am 28.7.1972 bestand er als Wiederholer die 2. Prüfung für das Lehramt an Realschulen mit der Gesamtnote 3,5. Daraufhin wurde er mit Wirkung ab 1.9.1972 in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen und zum Reallehrer z.A. ernannt. Während der anschließenden Probezeit wurde sein Unterricht durch Schulbesuche wiederholt überprüft. Hierbei wurden seine Leistungen insgesamt als nicht ausreichend beurteilt. Mehrere Versetzungen an andere Schulen mit dem Ziel, dem Kläger einen Neuanfang und damit auch eine Bewährung zu ermöglichen, blieben ohne Erfolg. Das Oberschulamt ermahnte den Kläger mit Schreiben vom 21.5.1974 und 15.2.1975. In letzterem heißt es, es habe “mit größtem Befremden” die Ergebnisse des Schulbesuchs vom 23.1.1975 zur Kenntnis genommen. Er erhalte die Auflage, sich ernstlich um die Verbesserung der Unterrichtsarbeit zu bemühen. Eine amtsärztliche Untersuchung durch das Staatliche Gesundheitsamt Karlsruhe führte am 2.9.1976 zu dem Ergebnis, daß ein krankhafter Befund nicht gegeben ist und die schulischen Schwierigkeiten des Klägers ausschließlich auf dessen Persönlichkeitsstruktur beruhten. Der Kläger wurde schließlich mit Verfügung des Oberschulamts Karlsruhe vom 10.5.1977 mit Ablauf des 30.6.1977 aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Der wesentliche Inhalt der Verfügung besteht aus folgendem Satz:
“Wegen mangelnder Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in der Probezeit werden Sie gemäß § 38 Nr. 2 LBG unter Wahrung der Frist des § 41 LBG mit Ablauf des 30. Juni 1977 aus dem Beamtenverhältnis entlassen.”.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Oberschulamt Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 24.6.1977 zurück. In den Gründen dieser Entscheidung wird zunächst dargelegt, daß der Kläger an verschiedenen Schulen keine genügenden Leistungen erbracht habe. Sodann heißt es:
“Er hat sich somit in seiner Probezeit nicht bewährt und war gemäß § 38 Abs. 2 LBG wegen mangelnder Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu entlasten. Im Widerspruchsverfahren hat er keine neuen Gesichtspunkte hervorgebracht, die zu einer Änderung der Entscheidung hätten führen können.”
Auf die Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21.3.1979 die Entlassungsverfügung vom 10.5.1977 und den Widerspruchsbescheid vom 24.6.1977 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte sei bei der Entlassung des Klägers in rechtlich nicht zutreffender Weise davon ausgegangen, daß es sich um eine gebundene Entscheidung gehandelt habe. In Wirklichkeit aber liege die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe im Ermessen der Behörde. Demgemäß habe das Oberschulamt keine Ermessenserwägungen darüber angestellt, ob der Kläger aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen gewesen sei.
Gegen dieses am 28.3.1979 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27.4.1979 Berufung eingelegt mit dem Antrag,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.3.1979 – IV 153/77 – zu ändern und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Im Widerspruchsverfahren habe das Oberschulamt sein Ermessen ausgeübt. Es habe zunächst festgestellt, daß sich der Kläger in der Probezeit nicht bewährt habe, und habe sodann die Entlastung ausgesprochen, da keine ...