Zusammenfassung
Gemäß § 164 BGB bedarf eine rechtsgeschäftliche Handlung, die in Vertretung eines anderen vorgenommen wird, einer wirksamen Bevollmächtigung des Vertreters. Der Rechtsanwalt kann wirksame Erklärungen für seinen Mandanten nur im Rahmen seiner Vertretungsbefugnis abgeben. Diese ergibt sich aus seiner Vollmacht. Dabei ergeben sich Unterschiede, ob es sich um eine außergerichtliche Vollmacht handelt oder um eine Prozessvollmacht.
1 Außergerichtliche Vollmacht
Wozu eine konkrete Vollmacht im Einzelnen berechtigen soll, muss ggf. durch Auslegung ermittelt werden, da es sich dabei um eine Willenserklärung des Vertreters handelt. Bei Abfassung eines Vollmachtsentwurfs ist daher besonderes Augenmerk auf den aktuellen, aber auch möglichen zukünftigen Umfang des Mandats zu legen. Der Rechtsanwalt oder sonstige Vertreter des Arbeitgebers sind z. B. nur dann berechtigt, die (erneute) Kündigung eines Arbeitsvertrags zu erklären, wenn dies von der Vollmacht umfasst ist. Im Falle einer Kündigung muss diese Vollmacht dem Empfänger mit der Kündigungserklärung im Original (eigenhändig unterzeichnetes Schriftstück) – eine beglaubigte Abschrift genügt nicht – vorgelegt werden, es sei denn, eine solche Vollmacht ist dem Empfänger schon vorher zugegangen oder sonst nachgewiesen worden oder die Vertretungsbefugnis ergibt sich aus der Organstellung (z. B.: Geschäftsführer), welche aus öffentlich zugänglichen Quellen (z. B. Handelsregister) ersichtlich ist, oder die Vertretungsbefugnis war dem Empfänger nachweislich bekannt (z. B. Vertreter hat schon den Arbeitsvertrag unterschrieben, etwa Personalchef). Anderenfalls kann der Empfänger einer außergerichtlichen Kündigungserklärung diese nach § 174 BGB zurückweisen. Eine nachträgliche Genehmigung macht die Erklärung nicht rückwirkend wirksam, da der Erklärungsempfänger im Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung bei ihm wissen soll, ob sie Wirkung entfaltet oder nicht. Die Kündigung muss also erneut ausgesprochen werden. Dadurch kann sich im Einzelfall die Kündigungsfrist entscheidend verlängern oder die Probezeit (Wartezeit) bereits abgelaufen sein. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich bei außergerichtlich durch den Vertreter erklärten Kündigungen stets, eine Vollmacht im Original beizufügen. Im Hinblick hierauf sollte sich der Vertreter vorsorglich bei Mandatserteilung zum Ausspruch weiterer Kündigungen ausdrücklich bevollmächtigen lassen und sich Vollmachtsurkunden in ausreichender Zahl geben lassen.
Die Vollmacht kann widerrufen werden. Der Widerruf muss der Gegenseite angezeigt werden.
2 Prozessvollmacht
Die Prozessvollmacht des Rechtsanwalts sollte der Klage bzw. der Klageerwiderung beigefügt werden, § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 80 Abs. 1, 88, 89 ZPO. Sie muss spätestens vorgelegt werden, wenn die Gegenseite die Bevollmächtigung rügt. Eine Prozessvollmacht bezieht sich nach § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 81 ZPO immer auch auf Weiterungen wie Widerklage, Wiederaufnahme des Verfahrens, Zwangsvollstreckung etc. Nach § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 82 ZPO umfasst die Vollmacht für einen Hauptprozess auch die Vollmacht für das eine Hauptintervention, einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung betreffende Verfahren. Prozesshandlungen des Anwalts, die im Rahmen der Bevollmächtigung abgegeben werden, wirken gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 85 Abs. 1 Satz 2 ZPO zugunsten und zulasten des Mandanten. Geständnisse oder tatsächliche Erklärungen des Vertreters können aber von der mit erschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden, § 85 Abs. 1 S. 2 ZPO. Die Prozessvollmacht führt aber auch dazu, dass sich die Partei ein Verschulden ihres Vertreters, i. d. R. also des Anwalts (z. B. die Versäumung einer Frist) gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Nach § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 83 ZPO kann der Vertretene den gesetzlichen Umfang der Vollmacht – mit Wirkung gegenüber dem Gegner – nur bezogen auf Vergleich, Verzicht oder Anerkenntnis wirksam beschränken.
Enthält der Kündigungsschutzantrag des Arbeitnehmers den eigenständigen Zusatz "dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch sonstige Beendigungstatbestände aufgelöst wird, sondern darüber hinaus fortbesteht" (sog. "Schleppnetzantrag"), so liegt hierin eine Erstreckung des Streitgegenstands auf weitere (künftige) Kündigungen. In diesem Fall sind auch weitere Kündigungen durch den Arbeitgebervertreter von seiner Prozessvollmacht gedeckt. Ist indessen nur eine (oder mehrere konkrete) Kündigung(en) Streitgegenstand, so erstreckt sich die Prozessvollmacht im Zweifel auch nur darauf; die gegnerische Partei kann dann die fehlende Bevollmächtigung rügen. Die Zurückweisung einer Kündigung im Prozess nach § 174 BGB scheidet wegen § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 88 Abs. 2 ZPO aus.
In Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten oder dem Bundesarbeitsgericht besteht die Vollmacht bis zur Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts fort.
Die Prozessvollmacht endet nicht durch den Tod des Vollmachtsgebers. Auch der Verlust der Prozessfähigkeit berührt den Fortbestand der Vo...