Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine einmalige Verfehlung gegen den anderen Ehegatten zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs führen kann.
Sachverhalt
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Im Ehescheidungsverfahren hatte das erstinstanzliche Gericht den Versorgungsausgleich gem. § 1587c Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs wäre ein Betrag von ca. 48,00 EUR monatlich - bezogen auf das Ende der Ehezeit - von dem Versicherungskonto der Ehefrau auf das Versicherungskonto des Ehemannes zu übertragen gewesen.
Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs erfolgte im Hinblick darauf, dass der ausgleichsberechtigte Ehemann schuldhaft eine schwerwiegende Straftat gegen die ausgleichsverpflichtete Ehefrau begangen hatte. Er hatte sie in der gemeinsamen Wohnung mit einem scharfen Küchenmesser mit einer ca. 15 cm langen Klinge angegriffen und ihr mehrere schwere Schnittwunden am Hals beigebracht. Im Anschluss an seine Tat betätigte er den Notruf. Im Strafverfahren wurde er nach 6-monatiger Untersuchungshaft zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. Dabei beurteilte das Gericht die Tat als gefährliche Körperverletzung und ging davon aus, dass der Ehemann von seinem ursprünglichen Tötungsvorsatz strafbefreiend zurückgetreten sei.
Gegen den Ausschluss des Versorgungsausgleichs legte der Ehemann Beschwerde ein. Sein Rechtsmittel war nicht erfolgreich.
Entscheidung
Das KG vertrat die Auffassung, das AG habe zu Recht den Versorgungsausgleich gem. § 1587c Nr. 1 BGB ausgeschlossen.
Die große Strafkammer habe in ihrem Urteil festgestellt, dass der Antragsgegner die Körperverletzung mit einem gefährlichen Werkzeug begangen habe, das geeignet gewesen sei, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Im Übrigen sei die Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung erfolgt. Das LG sei weiterhin davon ausgegangen, dass der Antragsgegner ursprünglich mit Tötungsvorsatz gehandelt habe, dann aber von dem Tötungsdelikt strafbefreiend zurückgetreten sei. Im Hinblick auf das Tatgeschehen sei die Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, zu denen auch ein persönliches schwerwiegendes Fehlverhalten gehören könne, grob unbillig i.S.d. § 1587c Nr. 1 BGB. Neben den rein wirtschaftlichen Verhältnissen kämen auch persönliche Lebensumstände als Ausschlussgrund in Betracht. Ein Ausschluss könne insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte schuldhaft eine schwerwiegende Straftat gegen den Verpflichteten oder dessen nahe Angehörige begangen habe.
Hierbei könne dahingestellt bleiben, inwieweit Gründe, die gem. § 2335 BGB den Entzug des Ehegattenpflichtteils rechtfertigten, als Orientierungshilfe bei der Anwendbarkeit des § 1587c Nr. 1 BGB in Fällen strafbarer Handlungen dienen könnten (vgl. OLG Hamm v. 23.1.1981 - 2 UF 274/80, FamRZ 1981, 473 f.; OLG Frankfurt v. 30.3.1990 - 1 UF 209/89, FamRZ 1990, 1259 f.; offen gelassen in BGH v. 9.5.1990 - XII ZB 76/89, MDR 1990, 1006 = FamRZ 1990, 985 [986 f.]).
Die während des Zusammenlebens der Parteien verübte Straftat des Ehemannes, die zur Trennung der Parteien führte, sei sowohl von der Art des Tatwerkzeuges her als auch von der Art der Begehung von einer solchen Schwere, dass eine Durchführung des Versorgungsausgleichs zu Lasten der Ehefrau für diese unzumutbar sei. Es sei lediglich glücklichen Umständen zu verdanken, dass die Antragstellerin nur schwere Schnittverletzungen und keine lebensgefährlichen oder sogar tödlichen Verletzungen erlitten habe.
Im Hinblick auf die Schwere der Tat sei der Versorgungsausgleich auch insgesamt auszuschließen und nicht lediglich herabzusetzen.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners komme es nicht darauf an, dass es bei der Antragstellerin nicht zu bleibenden Schäden gekommen sei. Im Übrigen sei dies bereits deswegen fraglich, weil sich an ihrem Hals zwei große sichtbare Narben befänden und sie jedenfalls zum Zeitpunkt des Strafverfahrens noch unter psychischen Beeinträchtigungen gelitten habe.
Auch der Umstand, dass es inzwischen wieder zu Kontakten zwischen den Parteien gekommen sei, ändere nichts an der Schwere der Tat des Ehemannes und deren Bewertung gem. § 1587c Nr. 1 BGB. Das insoweit eine Verzeihung vorliege, werde von dem Antragsgegner mit der Beschwerde nicht mehr geltend gemacht. Soweit er vortrage, nach seiner Haftentlassung hätten die Parteien wieder miteinander "kommuniziert", führe dies auch im Hinblick darauf, dass die Parteien einen gemeinsamen Sohn haben, nicht zu einer abweichenden Beurteilung im Rahmen des § 1587c Nr. 1 BGB.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 26.07.2005, 19 UF 65/05