Leitsatz
In einem Rechtsstreit vor dem LG hatte die Klägerin Zahlungsklage wegen von ihr erbrachter Dienstleistungen über ca. 35.000,00 EUR erhoben. Nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens teilten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten dem Gericht schriftsätzlich mit, dass Bereitschaft bestehe, den Rechtsstreit vergleichsweise durch Zahlung eines Betrages i.H.v. 25.000,00 EUR zu erledigen. Die Klägerin hat durch ihre Prozessbevollmächtigten dem Gericht gegenüber die Bereitschaft zur Annahme des Vergleichsangebots bekundet. Den daraufhin von dem Gericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO unterbreiteten Vergleichsvorschlag haben beide Parteien angenommen. Das Gericht hat das Zustandekommen des Vergleichs durch Beschluss festgestellt.
In ihrem Kostenausgleichungsantrag hatten die Beklagten unter anderem die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV beantragt. Vom LG wurde die Festsetzung dieser Gebühr abgelehnt. Gegen diesen Beschluss haben die Beklagten sofortige Beschwerde eingelegt, die erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der Senat folgt der teilweise in Schrifttum und Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach für die Mitwirkung des Rechtsanwalts an dem Zustandekommen eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, immer auch eine Terminsgebühr anfällt (OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.6.2005 - 8 W 180/05, Juris; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 278 Rz. 27; Gerold/Schmidt, RVG-VV, 16. Aufl. Nr. 3104 Rz. 58, 69; Schons, AGS 2005, 145; Henke, AnwBl. 2004, 594).
Hierfür spricht bereits der Wortlaut der hier maßgeblichen Vorschrift Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV, nach der in einem Verfahren, für das an sich mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, die Terminsgebühr ausnahmsweise auch dann entsteht, wenn eine mündliche Verhandlung tatsächlich nicht stattgefunden hat. Die hierzu zählenden Ausnahmefälle sind in der Vorschrift im Einzelnen alternativ aufgeführt. Der schriftliche Vergleich ist nach dem Wortlaut der Vorschrift die gleichwertige Alternative zur Entscheidung. Er bringt - ebenso wie bei der Entscheidung des Gerichts - die Terminsgebühr zur Entstehung in all den Verfahren, in denen bei einer Entscheidung die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV oder nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1, 1. - 3 Altern. RVG-VV anfällt.
Der Senat weist darauf hin, dass die von ihm vertretene Auffassung der Intention des Gesetzgebers Rechnung trägt, die vergleichsweise Einigung in einem möglichst frühen Verfahrensstadium zu fördern und zu honorieren und damit zur Beschleunigung der Gerichtsverfahren und zur Entlastung der Justiz beizutragen. Der Gesetzgeber hat in Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV das Entstehen einer Terminsgebühr bereits für die Mitwirkung an Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts festgeschrieben. Dies soll für die Prozessbevollmächtigten ein Anreiz sein, jederzeit auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Dieser in der Gesetzesbegründung artikulierte Wille des Gesetzgebers kommt erst recht zum Tragen, wenn der Rechtsanwalt nicht nur den Versuch einer möglichst frühen Beendigung des Rechtsstreits unternimmt, sondern vielmehr dazu beiträgt, dass eine vergleichsweise Einigung zum Beispiel durch einen schriftlichen Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO tatsächlich auch zustande kommt.
Hinweis
Die Frage, ob bei Abschluss eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO für den Rechtsanwalt eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 RVG-VV anfällt, ist nach wie vor umstritten. Das Kammergericht hat in seiner Entscheidung die Entstehung der Terminsgebühr im vorliegenden Fall bejaht.
Nach anderer Meinung löste ein schriftlicher Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO eine Terminsgebühr nicht aus (vgl. BGH v. 30.3.2004 - VI ZB 81/03, BGHReport 2004, 1131 = BGHReport 2004, 524 = MDR 2004, 965 = NJW 2004, 2311; OLG Nürnberg AnwBl. 2005, 222; v. 15.12.2004 - 3 W 4006/04, OLGReport Nürnberg 2005, 179 = MDR 2005, 599 = NJW-RR 2005, 655; OLG Naumburg, Beschl. v. 1.8.2005 - 12 W 78/05, Juris).
Zu Recht weist das Kammergericht in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Intention des Gesetzgebers, die vergleichsweise Einigung in einem möglichst frühen Verfahrensstadium zu fördern und zu honorieren, nur dadurch Rechnung getragen wird, dass durch entsprechende Honorierung auch ein Anreiz für die jeweiligen Prozessbevollmächtigten geschaffen wird.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 27.10.2005, 27 W 65/05