Rz. 6
Von einem Bestimmungsvermächtnis spricht man, wenn der Beschwerte oder ein Dritter den Bedachten aus mehreren vom Erblasser genannten Personen auszuwählen hat (§ 2151 Abs. 1 BGB). Der Erblasser hat bei der Anordnung eines gegenständlich bestimmten Vermächtnisses (bei Unbestimmtheit des vermachten Gegenstandes: §§ 2154–2156 BGB) einen eingegrenzten, leicht übersehbaren Personenkreis zu bezeichnen, aus dem der Beschwerte oder ein Dritter (Bestimmungsberechtigter) den Bedachten durch formlose, empfangsbedürftige und unwiderrufliche Willenserklärung auszuwählen hat.
Rz. 7
Bei dem sog. Erlassvermächtnis wird der Beschwerte verpflichtet, den Bedachten von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Erblasser, dem Beschwerten oder einem Dritten gegenüber zu befreien (§ 2174 BGB). Diese Vermächtnisse werden durch Erlassvertrag erfüllt (§ 397 Abs. 1 BGB).
Rz. 8
Bei einem Forderungsvermächtnis handelt es sich um das Vermächtnis über eine dem Erblasser zustehende Forderung (§ 2173 BGB). Sofern die Forderung zum Zeitpunkt des Vermächtnisanfalls bereits erfüllt ist, ist nach § 2173 BGB im Zweifel der noch im Nachlass befindliche Gegenstand bzw. die gezahlte Summe als vermacht anzusehen.
Rz. 9
Vermacht der Erblasser eine Sache, die der Gattung nach bestimmt ist, spricht man von einem Gattungsvermächtnis (§§ 2155, 2182, 2183 BGB). Umstritten ist, ob das Gattungsvermächtnis nur auf eine Sache gerichtet sein kann. Andererseits wird aber auch vertreten, dass sich das Gattungsvermächtnis auf sonstige Gegenstände wie bspw. Rechte oder Dienstleistungen beziehen kann. Umstritten ist auch die Frage, ob ein Geldvermächtnis – nicht gemeint ist die Zuwendung einer bestimmten Sorte – ein Gattungsvermächtnis sein kann. Geschuldet wird nicht eine Sache mittlerer Art und Güte i.S.d. § 243 Abs. 1 BGB, sondern eine den Verhältnissen des Bedachten entsprechende Sache. Dabei erfolgt die Bestimmung der im konkreten Fall geschuldeten Sache durch den Beschwerten, falls nicht der Erblasser die Bestimmung auf den Bedachten selbst oder auf einen Dritten übertragen hat. Bei dem Gattungsvermächtnis kommt es auch nicht darauf an, ob sich der zu übertragende Gegenstand im Zeitpunkt des Erbfalls noch im Nachlass befindet. § 2169 BGB findet dagegen nur bei den sog. Stückvermächtnissen Anwendung.
Rz. 10
Das gemeinschaftliche Vermächtnis ist in § 2157 BGB geregelt. Der Erblasser hat mehreren Bedachten denselben Gegenstand vermacht. In diesem Fall finden die §§ 2089–2093 BGB sowie die Regeln zur Anwachsung in §§ 2158, 2159 in Ergänzung zu dem Willen des Erblassers Anwendung. Liegt dagegen ein Bestimmungsrecht nach §§ 2151–2153 BGB vor, ist kein Raum für ein gemeinschaftliches Vermächtnis.
Rz. 11
Von einem Hauptvermächtnis spricht man, wenn ein dem Vermächtnisnehmer zugewendetes Vermächtnis mit einem (Unter-)Vermächtnis oder einer Auflage beschwert ist (§ 2187 BGB).
Rz. 12
So wie es die Möglichkeit der Vor- und Nacherbschaft gibt, sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit der erbrechtlichen Gestaltung durch ein Nachvermächtnis vor (§ 2191 BGB). Bei einem Nachvermächtnis ist das dem ersten Vermächtnisnehmer (Vorvermächtnisnehmer) angefallene Vermächtnis vom Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses an einem Dritten, dem Nachvermächtnisnehmer, zugewendet. Hat der Erblasser keine Bestimmung für den Eintritt des Nachvermächtnisses getroffen, fällt es erst mit dem Tod des ersten Vermächtnisnehmers an (§ 2191 Abs. 2 i.V.m. § 2106 Abs. 1 BGB). Das Nachvermächtnis gibt dem Nachvermächtnisnehmer einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung des vermachten Gegenstandes. Dieser Anspruch richtet sich nicht gegen den Erben, sondern den (Vor-)Vermächtnisnehmer. Insoweit handelt es sich bei dem Nachvermächtnis auch um ein Untervermächtnis, auf das die Vorschriften der §§ 2186–2188 BGB Anwendung finden.
Rz. 13
Soll der Bedachte lediglich ein Nutzungsrecht erhalten, ist das Nießbrauchvermächtnis in Erwägung zu ziehen. Der Nießbrauch an sich ist nicht vererblich (§ 1061 BGB) und bei natürlichen Personen (§ 1059 BGB) als dingliches Recht unübertragbar. Es kann aber an Sachen (§§ 1030–1067 BGB), an Rechten (§§ 1068–1084 BGB), an Vermögen (§§ 1085–1088 BGB) und selbst an einer Erbschaft (§ 1089 BGB) ein Nießbrauch bestellt werden. Voraussetzung ist somit immer, dass das Recht übertragbar ist (§ 1069 Abs. 2 BGB). Ist das Recht nicht übertragbar, kann der Fall eines obligatorischen Nießbrauchs auf Herausgabe der Nutzungen durch den Beschwerten gegeben sein.
Rz. 14
Bei dem sog. Pflichtteilsvermächtnis wird ein Geldbetrag in Höhe des Pflichtteilsanspruchs vermacht. Nach der Auslegung des § 2304 BGB ist die Zuwendung des Pflichtteils nicht als Erbeinsetzung anzusehen. Wird dem Bedachten Geld in Höhe seines Pflichtteilsanspruchs zugewandt, ist dies entweder als Verweisung auf den Pflichtteil oder als Vermächtnis eines Geldanspruchs in Höhe des Pflichtteilsanspruchs zu werten. Die Einordnung des Anspruchs ist von Bedeutung für den Rechtscharakter ...