A. Überblick

 

Rz. 1

Die Gebühren für das vorbereitende Verfahren sind im Unterabschnitt 2 geregelt. Ergänzend gelten die Regelungen der VV Vorb. 4, die Allgemeinen Gebühren nach Unterabschnitt 1, die zusätzlichen Gebühren nach Unterabschnitt 5 sowie die Allgemeinen Gebühren nach VV Teil 1 und die Auslagen nach VV Teil 7.

B. Umfang der Angelegenheit

 

Rz. 2

Im Gegensatz zur früheren Rechtslage nach der BRAGO[1] ist das vorbereitende Verfahren jetzt gegenüber dem erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15. Diese Frage war zwar auch nach dem RVG lange umstritten,[2] ist jetzt aber durch § 17 Nr. 10 eindeutig geregelt.

 

Rz. 3

Wird das Ermittlungsverfahren (vorläufig) eingestellt und nach Ablauf von zwei Kalenderjahren wieder aufgenommen, so entsteht gemäß § 15 Abs. 5 S. 2 die Gebühr nach VV 4104 erneut, da es sich um eine neue Angelegenheit handelt.

 

Rz. 4

Werden verschiedene Ermittlungsverfahren geführt, so entsteht die Gebühr nach VV 4104 mehrmals, da es sich um verschiedene Angelegenheiten handelt. Jedes Ermittlungsverfahren ist eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15.[3] Gleiches gilt, wenn aus einem zunächst einheitlich geführten Ermittlungsverfahren ein neues Verfahren ausgetrennt wird.

 

Rz. 5

Wird ein Ermittlungsverfahren um zusätzliche Tatvorwürfe mit jeweils eigenem Tatzeitraum erweitert, bleibt es bei einer Angelegenheit, selbst wenn zwischen den Erweiterungen ein zeitlicher Abstand von jeweils mehreren Monaten liegt.[4]

 

Rz. 6

Möglich ist auch, dass sich das vorbereitende Verfahren für den Verteidiger an ein gerichtliches Verfahren anschließt, nämlich dann, wenn der Anwalt erstmals im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren beauftragt wird und dort dann die Anklage oder der Antrag auf Erlass des Strafbefehls zurückgenommen wird. In diesem Fall wird das Verfahren wieder in das vorbereitende Verfahren zurückversetzt, so dass der Verteidiger dort jetzt – quasi im Nachhinein – die Gebühr der VV 4104 verdient.[5] Zur Abrechnung siehe VV 4141 Rdn 104.

[1] LG Köln AnwBl 1979, 75; LG Aachen JurBüro 1978, 230; a.A. LG Düsseldorf JurBüro 1977, 1233; LG Wuppertal JurBüro 1978, 1342.
[2] N. Schneider, AGS 2005, 7; Madert, AGS 2006, 105.
[3] Zum vergleichbaren Fall in Bußgeldsachen: LG Bonn 30.3.2016 – 27 Qs 12/16, AGS 2016, 274 = RVGreport 2016, 255.
[4] Unzutr. AG Bad Liebenwerda 28.6.2019 – 12 C 25/19, RVGreport 2020, 56.
[5] LG Osnabrück AGS 1999, 136 = JurBüro 1999, 131 m. Anm. N. Schneider; LG Aachen AGS 1999, 59 = zfs 1999, 33; OLG Düsseldorf AGS 1999, 120 = JurBüro 1999, 131.

C. Vergütung

I. Grundgebühr, VV 4100

 

Rz. 7

Der Verteidiger, der erstmals im vorbereitenden Verfahren beauftragt wird, erhält immer die Grundgebühr nach VV 4100, 4101, da dies der früheste Verfahrensabschnitt ist, in dem er beauftragt worden sein kann. Soweit die Grundgebühr in diesem Verfahrensabschnitt entsteht, fällt sie in einem späteren Verfahren nicht nochmals an (Anm. Abs. 1 zu VV 4100). Zu den Einzelheiten der Grundgebühr siehe die Kommentierung zu VV 4100.

 

Rz. 8

Eine Grundgebühr entsteht im vorbereitenden Verfahren allerdings nicht, wenn der Verteidiger erstmals im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren beauftragt wird und dort dann die Anklage oder der Antrag auf Erlass des Strafbefehls zurückgenommen wird. In diesem Fall ist die Grundgebühr bereits im gerichtlichen Verfahren entstanden. Zur Abrechnung siehe VV 4141 Rdn 104.

II. Verfahrensgebühr, VV 4104

 

Rz. 9

Darüber hinaus erhält der Verteidiger im vorbereitenden Verfahren die Verfahrensgebühr nach VV 4104, 4105, die dem früheren § 84 Abs. 1, 1. Alt. BRAGO entspricht. Die Gebühr deckt die gesamte Tätigkeit des Anwalts ab,

soweit sie nicht durch die Grundgebühr abgegolten wird (VV 4100, 4101) und
soweit nicht Terminswahrnehmungen nach VV 4102, 4103 gesondert vergütet werden.
 

Rz. 10

Die Verfahrensgebühr entsteht neben der Grundgebühr, wie jetzt durch die Neufassung der VV 4100 klargestellt worden ist.

III. Terminsgebühr, VV 4102

 

Rz. 11

Neben der Verfahrensgebühr kann der Anwalt im vorbereitenden Verfahren eine Terminsgebühr nach VV 4102, 4103 verdienen, wenn er an dort genannten Terminen teilnimmt.

IV. Zusätzliche Gebühr nach VV 4141

 

Rz. 12

Im vorbereitenden Verfahren kommt darüber hinaus eine zusätzliche Gebühr nach VV 4141 in Betracht, wenn das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird (früher: § 84 Abs. 2 BRAGO). Zu Einzelheiten siehe die Kommentierung zu VV 4141.

V. Zusätzliche Verfahrensgebühr nach VV 4142

 

Rz. 13

Eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach VV 4142 ist auch schon im vorbereitenden Verfahren möglich, wenn sich die Tätigkeit des Anwalts auf eine Einziehung oder eine verwandte Maßnahme erstreckt. Zu beachten ist allerdings Anm. Abs. 3 zu VV 4142. Die zusätzliche Wertgebühr nach VV 4142 kann im vorbereitenden Verfahren und im ersten Rechtszug insgesamt nur einmal entstehen. Daran hat sich auch durch § 17 Nr. 10 nichts geändert.

VI. Verfahrensgebühr nach VV 4143

 

Rz. 14

Eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach VV 4143 ist im vorbereitenden Verfahren nicht möglich. Diese Gebühren entstehen erst im gerichtlichen Verfahren. Außergerichtliche Verhandlungen über vermögensrechtliche Ansprüche werden durch die Gebühr nach VV 2300 abgegolten.

VII. Einigungsgebühr nach VV 4147

 

Rz. 15

Soweit es zu einer Einigung im Rahmen der Vorber...

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