A. Überblick

 

Rz. 1

Die Vorschriften der VV 4124 ff. regeln die Vergütung im Berufungsverfahren. Ebenso wie die übrigen Vorschriften der VV 4100 ff. gelten die VV 4124 ff. unmittelbar nur für den Vollverteidiger, also denjenigen Anwalt, dem die Verteidigung insgesamt übertragen worden ist.

 

Rz. 2

War der Anwalt dagegen nur mit Einzeltätigkeiten beauftragt, etwa mit der Einlegung der Berufung, ihrer Begründung, der Fertigung eines sonstigen Schriftsatzes oder der bloßen Wahrnehmung eines Beweis- oder Hauptverhandlungstermins in Untervollmacht, so gelten nicht die VV 4124 ff., sondern die VV 4300 ff.

 

Rz. 3

Umgekehrt bleibt es bei der Vergütung nach VV 4124 ff., wenn der Anwalt als Verteidiger beauftragt ist, letztlich aber nur eine Einzeltätigkeit ausgeübt hat. Der geringere Umfang seiner Tätigkeit ist dann allerdings nach § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen.

 

Rz. 4

Entsprechend anzuwenden sind die Vorschriften für den Privatklagevertreter, den Nebenklägervertreter und den Vertreter oder Beistand eines sonstigen Beteiligten i.S.d. VV Vorb. 4 Abs. 1. Für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt sind wiederum Festgebühren vorgesehen.

 

Rz. 5

Richtet sich das Berufungsverfahren ausschließlich gegen eine Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche, erhält der Anwalt keine Gebühr nach VV 4124 ff., sondern nur die nach VV 4144.

 

Rz. 6

Dagegen entsteht die Verfahrensgebühr der VV 4124 auch dann, wenn allein die Anordnung des Verfalls vom Wertersatz Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.[1] Daneben entsteht die Verfahrensgebühr der VV 4142.

 

Rz. 7

Die VV 4124 ff. gelten ausschließlich für das Berufungsverfahren. Für das Revisionsverfahren bestimmt sich die Vergütung nach VV 4130 ff. Auf Beschwerdeverfahren sind die VV 4124 ff. nicht anwendbar, ausgenommen die Beschwerdeverfahren nach § 13 StrRehaG (Anm. zu VV 4124). Die Tätigkeit in sonstigen Beschwerdeverfahren stellt keine eigene Angelegenheit dar, sondern wird durch die Pauschgebühren der jeweiligen Verfahrensgebühren abgegolten. Das gilt auch für die Tätigkeit im Verfahren der sofortigen Beschwerde nach § 59 Abs. 1 JGG.[2]

[1] OLG Hamm RVGreport 2012, 152 = StRR 2012, 43.
[2] OLG Koblenz Rpfleger 1973, 375; a.A. LG Trier AnwBl 1975, 452, das § 85 BRAGO auch auf die Beschwerde nach § 59 Abs. 2 JGG analog angewandt hat.

B. Aufbau der Gebühren

 

Rz. 8

Die Gebühren des Verteidigers im Berufungsverfahren sind ebenfalls in Unterabschnitt 3 geregelt. Die Gebührentatbestände entsprechen vom Aufbau her dem erstinstanzlichen Verfahren. Im Gegensatz zu den erstinstanzlichen Gebühren sind die Gebühren im Berufungsverfahren jedoch nicht nach verschiedenen Spruchkörpern gegliedert, da die Berufung ohnehin nur vor dem LG stattfinden kann.

 

Rz. 9

Für das Berufungsverfahren sind in VV 4124 ff. zwei Gebührentatbestände vorgesehen, und zwar die Verfahrensgebühr (VV 4124, 4125) und die Terminsgebühr (VV 4126 ff.). Ergänzend gelten die Regelungen der VV Vorb. 4, die Allgemeinen Gebühren nach Unterabschnitt 1, die zusätzlichen Gebühren nach Unterabschnitt 5 sowie die Allgemeinen Gebühren nach VV Teil 1 und die Auslagen nach VV Teil 7.

C. Umfang der Angelegenheit

 

Rz. 10

Das Berufungsverfahren beginnt mit der ersten Tätigkeit nach Auftragserteilung. Zum Verfahren gehören wiederum sämtliche Tätigkeiten bis zum Abschluss der Instanz, also insbesondere die Vorbereitung der Hauptverhandlung, die Teilnahme an Hauptverhandlungsterminen oder an sonstigen Terminen. Auch Tätigkeiten nach der Hauptverhandlung zählen noch zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr. So zählt die Einlegung der Revision für den Verteidiger gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 noch zum Berufungsverfahren (früher: § 87 S. 2, 2. Alt. BRAGO).

D. Vergütung

I. Grundgebühr, VV 4100

 

Rz. 11

Zunächst einmal kann der Verteidiger auch im Berufungsverfahren die Grundgebühr nach VV 4100, 4101 verdienen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass er erstmals im Berufungsverfahren beauftragt worden ist (Anm. Abs. 1 zu VV 4100). War der Anwalt bereits im vorbereitenden Verfahren oder im gerichtlichen Verfahren tätig, so hat er dort die Grundgebühr verdient und kann diese im gerichtlichen Verfahren nicht erneut erhalten.

II. Verfahrensgebühr, VV 4124, 4125

 

Rz. 12

Für seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren erhält der Anwalt nach VV 4124, 4125 eine Verfahrensgebühr. Die Verfahrensgebühr deckt sämtliche Tätigkeiten des Verteidigers ab, soweit keine gesonderten Gebühren entstehen, also insbesondere Besprechungen mit dem Mandanten, mit Zeugen oder Sachverständigen, das Abfassen von Schriftsätzen, die Vorbereitung der Hauptverhandlung etc.

III. Terminsgebühren

1. Teilnahme an der Hauptverhandlung, VV 4126 ff.

 

Rz. 13

Für die Teilnahme an der Hauptverhandlung erhält der Verteidiger eine Gebühr nach VV 4126 ff. Diese Gebühr entsteht für jeden Hauptverhandlungstag gesondert. Für Fortsetzungstermine oder erneute Hauptverhandlungstermine entsteht daher dieselbe Terminsgebühr. Eine Differenzierung wie nach bisherigem Recht findet nicht mehr statt.

2. Termine außerhalb der Hauptverhandlung, VV 4102

 

Rz. 14

Nimmt der Verteidiger im gerichtlichen Verfahren an einem Termin außerhalb der Hauptverhandlung i.S.d. VV 4102 teil, so erhält er nach dieser Vorschrift eine weitere Terminsgebühr. Diese Terminsgebühr entsteht unabhä...

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