1 Leitsatz
Bei einem einseitigen Erinnerungsverfahren (hier: Erinnerung gegen das Vorgehen eines Gerichtsvollziehers) ergeht keine Kostentscheidung.
2 Normenkette
§ 5 Abs. 2 WEG; § 766 ZPO
3 Das Problem
Ein Gerichtsvollzieher bricht auf Antrag des Gläubigers G eine Wohnungstür auf, um die Wohnung des Schuldners S betreten zu können. Die Reparaturkosten ersetzt der Gerichtsvollzieher im Anschluss dem vermietenden Wohnungseigentümer und stellt sie dem Gläubiger G in Rechnung.
Dagegen wendet sich G im Wege der Erinnerung. Er meint, bei einer ordnungsmäßigen Ausführung der Wohnungsöffnung seien die Zerstörung der Wohnungstür sowie die Beschädigung des Türrahmens vermeidbar gewesen. Außerdem habe er allenfalls 1/10 der Gesamtkosten zu tragen, da die Türöffnung im Interesse von 9 weiteren Gläubigern erfolgt sei. Der Gerichtsvollzieher ist demgegenüber der Ansicht, G habe die Kosten der Wohnungsöffnung zu tragen und dies auch allein, da lediglich G die Wohnungsöffnung beantragt habe. Eine Öffnung der Tür ohne die entstandenen Schäden sei nicht möglich gewesen.
Die Erinnerung hat nach Ansicht des AG Erfolg, da nur der Staat dem Wohnungseigentümer für den Schaden an der Tür hafte. Fraglich ist jetzt aber, wer die außergerichtlichen Kosten des G im Erinnerungsverfahren zu tragen hat.
4 Die Entscheidung
Das AG sieht sich gehindert, die außergerichtlichen Kosten des G einem Beteiligten aufzuerlegen. Der Gerichtsvollzieher sei im Erinnerungsverfahren keine Partei, sodass er als Kostenschuldner nicht in Betracht komme. Aber auch eine Entscheidung zulasten des S sei nicht möglich, da es sich im Fall um ein sogenanntes einseitiges Erinnerungsverfahren nach § 766 Abs. 2 ZPO handele. In diesem Verfahren sei eine Kostenentscheidung zulasten eines Schuldners nicht zulässig. Und auch eine Kostenentscheidung zulasten der Staatskasse sei schließlich nicht zulässig.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall lässt ein Gerichtsvollzieher im Auftrag eines Gläubigers eine Wohnungseingangstür aufbrechen. Fraglich ist, wer insoweit einen Schaden hat und wer diesen tragen muss. Ferner ist zu fragen – und nur diese Frage stellt das AG –, wer die Kosten des Erinnerungsverfahren zu tragen hat.
Kosten des Erinnerungsverfahrens
Wie vom AG dargelegt, ist es nicht zulässig, die Kosten des Erinnerungsverfahrens dem Gerichtsvollzieher aufzuerlegen. Denn der Gerichtsvollzieher ist Organ der Zwangsvollstreckung und kann deshalb in der Regel nicht Partei (und Kostenschuldner) sein. Anders ist es in Bezug auf den Schuldner. Diesem kann man die Kosten auferlegen. Nämlich dann, wenn er von dem Verfahren weiß und sich zur Sache äußern kann. Dies ist auch in der Sache gerechtfertigt, weil der Schuldner aufgrund der Nichterfüllung der titulierten Forderungen Veranlasser des vom Gläubiger eingeleiteten Verfahrens ist.
Kosten der Türerneuerung
Die Wohnungseingangstür und ihr Türrahmen standen nach § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 WEG nicht im Eigentum des vermietenden Wohnungseigentümers, sondern im Eigentum sämtlicher Wohnungseigentümer. Es wäre daher nicht am Wohnungseigentümer gewesen, vom Gerichtsvollzieher Schadensersatz zu verlangen, sondern nach § 9a Abs. 2 WEG an der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, vertreten durch den Verwalter.
Der Wohnungseigentümer könnte aber durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ermächtigt werden. Ob der Verwalter für die Ermächtigung ohne Willensbildung der Wohnungseigentümer eine Vertretungsmacht nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG hätte, ist noch nicht ausgemacht. Näher liegt m. E., dem Verwalter hier Grenzen zu setzen und § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG einschränkend auszulegen (Missbrauch der Vertretungsmacht). In jedem Fall müsste die Verwaltung die Maßnahmen nach ihrer Durchführung überprüfen und sicherstellen, dass die Mängelbeseitigung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hat.
6 Entscheidung
AG Aalen, Beschluss v. 27.10.2021, 3 M 291/21