Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Redaktion
Die 3 größten deutschen Städte Berlin, Hamburg und München wollen ihr Vorkaufsrecht bei Immobilien zurück – das wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Teilen gekippt. Damit sie das Privileg wieder rechtssicher nutzen können, fordern die Städte eine Reform des Baugesetzbuchs.
Nachdem Berlin bereits eine entsprechende Initiative in den Bundesrat eingebracht hat, haben sich Berlin, Hamburg und München nun zusammengetan und setzen sich für eine gesetzliche Neuregelung des kommunalen Vorkaufsrechts auf Bundesebene ein. Der Bund soll das BauGB reformieren, lautet die Forderung an die neue Regierung.
Die Reform sei nötig, damit die Ausübung des Vorkaufsrechts als Ultima Ratio gegen Bodenspekulanten, steigende Mieten und die Verdrängung von Bewohnern wieder rechtssicher angewendet werden könne, teilten die Städte am 26. Januar mit. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (alle SPD) appellierten an den Bund und die Länder, an einer bundesweiten Lösung mitzuwirken.
Was bedeutet das Urteil für Großstädte?
Hintergrund der Initiative ist ein Urteil des BVerwG vom 9.11.2021, mit dem das städtische Vorkaufsrecht bei Immobilien in Teilen gekippt wurde.
Grundlage der Entscheidung war ein Fall in Berlin, bei dem es um einen umstrittenen Wohnungskauf in Friedrichshain-Kreuzberg ging. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist ausgeschlossen, wenn das Grundstück zum Ausübungszeitpunkt im Sinne der sozialen Erhaltungssatzung regulär genutzt wird, entschieden die Richter. Das BVerwG hat die gesetzliche Vorschrift also so ausgelegt, dass es nur auf den Zustand zum Zeitpunkt des Verkaufs ankommt und nicht auf die Absichten des Käufers in der Zukunft.
Aus Sicht der Städte heißt das: Das Vorkaufsrecht kann in Stadtteilen mit Milieuschutz nicht ausgeübt werden – und mit den Käufern können auch keine Abwendungserklärungen geschlossen werden, wenn nur für die Bewohner nachteilige, zukünftige Nutzungsabsichten der Erwerber als Begründung angeführt werden. Dabei seien kommunale Vorkaufsrechte gerade in angespannten Wohnungsmärkten in Gebieten mit sozialen Erhaltungsverordnungen ein wichtiges Instrument.
Deshalb hätten sich Berlin, Hamburg und München auf den Weg gemacht und appellierten an den Bund und die Länder, den Kommunen Vorkaufsrechte und Abwendungsvereinbarungen zu ermöglichen, erklärte Berlins Regierungschefin Giffey. "Das Wohnen in der Stadt muss bezahlbar bleiben", betonte Hamburgs Bürgermeister Tschentscher. Münchens Oberbürgermeister Reiter wies darauf hin, dass die jetzige Situation große Unsicherheit für Mieter mit sich bringe.
Hamburg: Den Spekulanten öfter ein Schnippchen geschlagen
Auch Hamburg nutzt das Vorkaufsrecht gerne und ist im Jahr 2020 besonders rigide gegen mögliche Bodenspekulanten vorgegangen. 110 Vorkaufsrechtsverfahren sind bei Grundstücksdeals bearbeitet worden. Das sind rund ein Drittel (35 %) mehr als 2019.
Manchmal reichte es schon aus, das "scharfe Schwert" bloß zu zeigen. In 56 Fällen hat die Stadt eine "freihändige Einigung" erzielt – also die Grundstücke gekauft, ohne formal das Vorkaufsrecht zu nutzen. In 14 Fällen ist während des Verfahrens eine Abwendungsvereinbarung getroffen worden: Die Käufer haben sich verpflichtet, bestimmte Miethöhen oder Grenzen bei der Umlage von Modernisierungskosten einzuhalten. In 12 Fällen hat die Stadt Verfahren gestoppt.
Tatsächlich umgesetzt worden ist das Vorkaufsrecht in 28 Fällen, 6 Fälle mussten juristisch geklärt werden. Die Kosten der von der Stadt auf diese Weise tatsächlich gekauften Grundstücke bezifferte die Finanzbehörde auf rund 22,5 Mio. Euro. In Gebieten mit sozialer Erhaltungsverordnung müssen bestimmte Maßnahmen vorab genehmigt und überprüft werden. Dazu gehören der Abriss von Gebäuden und Gebäudeteilen, Baumaßnahmen und Modernisierungen, die den Wohnwert steigern. Auch eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sowie die Nutzungsänderung von Mietwohnungen wird in die Prüfung einbezogen.
Berlin verteidigt Ausgaben in Millionenhöhe für Vorkaufsrecht
Berlins Finanzsenator hatte kürzlich die Millionenausgaben für die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts bei Wohnungen in verschiedenen Berliner Bezirken verteidigt. Der Großteil der Vorkäufe sei ein gutes Geschäft gewesen, sagte der Senator in einem Interview mit der "Berliner Zeitung". Die öffentliche Hand sei nicht darauf angewiesen, dass sich ein Kauf innerhalb von wenigen Jahren amortisiere.
Berlin hat über das Vorkaufsrecht seit 2015 durch Genossenschaften und landeseigene Unternehmen 2.674 Wohnungen für insgesamt knapp 530 Mio. Euro gekauft, um zu verhindern, dass Investoren nach dem Kauf "Mondmieten" fordern.
Sie wolle das Vorkaufsrecht als "Instrument der Kommunen, um gegen Verdrängung vorzugehen" verbessern, sprach sich die Staatsekretärin des Bundesministeriums für Bauwesen, Cansel Kiziltepe, für eine rasche Gesetzesänderung aus. Nach dem BVerwG-Urteil dü...