Leitsatz
Das OLG Düsseldorf hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, welche Voraussetzungen an eine Bestimmung über die religiöse Erziehung eines Kindes zu stellen sind.
Sachverhalt
Die Antragsgegnerin war die Mutter eines im Jahre 2003 geborenen Kindes, das seit Anfang 2009 inkognito in einer Pflegefamilie lebte, nachdem der Kindesmutter das Sorgerecht entzogen und der Kindesvater in sein Heimatland ausgewiesen worden war. Das zum Vormund bestellte Jugendamt beantragte beim Familiengericht, die katholische Taufe und die Erstkommunion des Kindes zu genehmigen. Die entsprechende Genehmigung wurde erteilt und das Kind sodann am 18.3.2012 katholisch getauft. Am 29.4.2012 sollte es an der Erstkommunion teilnehmen.
Die Kindesmutter legte Beschwerde gegen den Genehmigungsbeschluss ein und führte zur Begründung auf, dass nach ihrer festen Überzeugung ihre Tochter nicht aus freien Stücken dem Übertritt zum katholischen Glauben zustimme, da sie durch sie von klein auf eine andere Glaubensgemeinschaft und -überzeugung kennen gelernt habe.
Das Rechtsmittel erwies sich als teilweise erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG hat das Rechtsmittel insoweit als unzulässig verworfen, als die Taufe bereits vollzogen war.
Hinsichtlich der noch nicht vollzogenen Erstkommunion vertrat es die Auffassung, die Teilnahme hieran könne nicht genehmigt werden.
Einschlägig sei das Gesetz über die religiöse Kindererziehung (RKEG) in der Fassung vom 17.12.2008. Danach habe ein Vormund oder Pfleger auch über die religiöse Erziehung des anvertrauten Kindes zu bestimmen, wenn ihm die Sorge für dessen Person allein zustehe. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, weil der Kindesmutter das Sorgerecht nach § 1666 BGB rechtskräftig entzogen worden sei und der Kindesvater nach Aktenlage gleichfalls nicht oder nicht mehr sorgeberechtigt sei.
Der Vormund bedürfe allerdings zur Ausübung des Bestimmungsrechts der Genehmigung des Familiengerichts gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 RKEG. Eingeschränkt werde sein Bestimmungsrecht durch § 3 Abs. 2 S. 6 RKEG, indem ausdrücklich aufgeführt sei, dass Vormund und Pfleger eine schon erfolgte Bestimmung über die religiöse Erziehung nicht ändern könnten. In einem solchen Fall könne eine Änderung auch nicht mit der Genehmigung des Familiengerichts erfolgen.
Aus der Sicht des OLG bestanden keinerlei Zweifel daran, dass die früher sorgeberechtigte Kindesmutter eine Bestimmung über die religiöse Erziehung ihrer Tochter bereits getroffen hatte. Dies habe sie in der Beschwerdebegründung klar dargelegt. Eine bereits erfolgte Bestimmung könne nicht nur durch Taufe und/oder schriftlich dokumentierter Aufnahme in eine Religionsgemeinschaft geschehen, sondern auch durch schlüssige Handlungen, die den Willen des früheren Erziehungsberechtigten ernstlich und endgültig deutlich erkennbar werden ließen.
Angesichts des von ihr beschriebenen Verhaltens der Kindesmutter könne an ihrem ernstlichen Willen, ihre Tochter in ihrem Sinne und Bekenntnis religiös zu erziehen, kein Zweifel bestehen. Auch die Tochter habe in ihren Äußerungen ggü. dem Jugendamt beschrieben, dass sie bis zur Trennung von ihrer Mutter intensiv an dem von ihr gestalteten religiösen Leben teilgenommen habe. Damit sei der Willen der Kindesmutter zur religiösen Erziehung offenkundig in die Tat umgesetzt worden.
Da durch die schon erfolgte Bestimmung das Bestimmungsrecht des Jugendamtes entfallen sei, hätte nach Auffassung des OLG die beantragte Genehmigung vom Familiengericht nicht mehr erteilt werden dürfen. Damit scheide die Genehmigung der Teilnahme an der Erstkommunion aus.
Hinsichtlich der gleichfalls genehmigten Taufe komme eine Änderung indes nicht mehr in Betracht, da sie bereits vollzogen worden sei.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.04.2012, II-8 UF 70/12