Das Wichtigste in Kürze:

1. § 18 Abs. 7 StVO verbietet das Wenden und Rückwärtsfahren auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen.
2. Tauglicher Tatort ist der durch die entsprechenden Verkehrszeichen abgegrenzte Straßenbereich. Parkplätze und Tank- bzw. Rastplätze innerhalb dieses Bereichs sind von dem Verbot ausgenommen.
3. Wenden ist die Änderung der Fahrtrichtung in die entgegengesetzte Richtung auf derselben Straße in einem einheitlichen Verkehrsvorgang.
4. Rückwärtsfahren ist das Fahren in Heckrichtung, nicht das Vorwärtsfahren in falscher Richtung.
5. Der Verstoß kann ausnahmsweise wegen rechtfertigenden Notstands (§ 16) gerechtfertigt sein.
6. Rechtsfolge des Verstoßes ist eine nach Art des Tatortes in Nr. 83.1 bis 83.3 BKat abgestufte Regelgeldbuße und bei einem Verstoß auf der durchgehenden Fahrbahn ein Regelfahrverbot von 1 Monat.
 

Rdn 4206

 

Literaturhinweise:

Deutscher, Wenden und Rückwärtsfahren auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen, VRR 2008, 248

Krumm, Arbeitshilfe: Verstöße beim Wenden und Rückwärtsfahren auf Autobahnen, DAR 2010, 113

ders., Absehen von unbekannten/neuen Regelfahrverboten auf Tatbestandsebene, zfs 2020, 184

Mühlhaus, Das Wenden, DAR 1977, 7

Rebler, Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, SVR 2013, 458

SVR 2017, 175

Scheidler, Rechtskonformes Verhalten im Stau, DAR 2012, 189.

 

Rdn 4207

1. Autobahnen und Kraftfahrstraßen dienen dem Schnellverkehr. § 18 Abs. 7 StVO verbietet deshalb auf diesen Straßen das Wenden und Rückwärtsfahren als besonders gefährliche Verhaltensweisen. Der Verstoß gegen das Verbot ist eine OWi nach § 49 Abs. 1 Nr. 18 und kann nach Nr. 83.1 bis 83.3 BKat mit einem Bußgeld sowie bei einem Verstoß auf der durchgehenden Fahrbahn mit einem Fahrverbot von 1 Monat geahndet werden. Kommt es durch das Fehlverhalten zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert, ist der Straftatbestand des § 315c Abs. 2f StGB erfüllt, wenn das Verhalten grob verkehrswidrig und rücksichtslos ist (LG Kiel, Beschl. v. 21.7.2017 – 8 Qs 73/17, NZV 2018, 482). Die OWi tritt dann zurück (§ 21 Abs. 1 S. 1).

 

☆ Auch wenn bei sog. Geisterfahrten das Wenden oftmals am Beginn des Fehlverhaltens steht, fällt das Fahren entgegen der Fahrtrichtung nicht unter § 18 Abs. 7 StVO, sondern stellt einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 StVO dar (BayObLG NZV 1997, 489; OLG Köln VRS 60, 221). Auch § 315c Abs. 2f StGB nennt das Fahren entgegen der Fahrtrichtung als eigenständige Tathandlung neben dem Wenden und Rückwärtsfahren.Geisterfahrten das Wenden oftmals am Beginn des Fehlverhaltens steht, fällt das Fahren entgegen der Fahrtrichtung nicht unter § 18 Abs. 7 StVO, sondern stellt einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 StVO dar (BayObLG NZV 1997, 489; OLG Köln VRS 60, 221). Auch § 315c Abs. 2f StGB nennt das Fahren entgegen der Fahrtrichtung als eigenständige Tathandlung neben dem Wenden und Rückwärtsfahren.

 

Rdn 4208

2. Tatort dieser OWi können nur Autobahnen und Kraftfahrstraßen sein. Beide unterscheiden sich darin, dass Autobahnen frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrten mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind (§ 1 Abs. 3 BFernStrG). Für die Abgrenzung zu anderen Straßen kommt es allerdings weder auf die Art des Ausbaus noch auf die straßenrechtliche Widmung an (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, § 18 StVO Rn 1, 2). Vielmehr entscheidet ausschließlich die Beschilderung über Beginn und Ende von Autobahnen durch Zeichen 330 und 334 und Kraftfahrstraßen durch Zeichen 331 und 336 (BayObLG VRS 58, 154; OLG Bamberg DAR 2008, 218 [Ls.] = VRR 2008, 233; OLG Düsseldorf VRS 94, 232; OLG Hamm VRS 48, 65; OLG Karlsruhe VRS 60, 227; zur Bedeutung der Beschilderung s.a. OLG Hamm VRR 3/2016, 11 [für Geschwindigkeitsbeschränkung]). Eine Bundesautobahn verliert ihre Qualifikation als Autobahn nicht dadurch, dass sie durch die Polizei für den Kraftverkehr kurzzeitig gesperrt wird (KG, Beschl. v. 1.9.2020 – 3 Ws (B) 204/20 – 162 Ss 81/20).

 

Rdn 4209

Innerhalb dieses formellen Rahmens werden von dem Verbot erfasst:

die durchgehenden Fahrbahnen,
Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen,
Seiten- bzw. Standstreifen (OLG Bamberg DAR 2008, 218 [Ls.] = VRR 2008, 233; OLG Düsseldorf VRS 68, 141; 70, 35; OLG Oldenburg VRS 60, 312), nicht jedoch bei Sperrung (OLG Frankfurt am Main VRS 46, 71),
Aus- und Einfahrten an Anschlussstellen und Autobahnknoten sowie Verbindungsfahrbahnen zwischen ihnen (BGHSt 18, 188 = NJW 1963, 597; OLG Frankfurt am Main VRS 45, 72), aber erst nach dem Verkehrszeichen 330 (OLG Düsseldorf VRS 94, 232),
Zu- und Abfahrten an Tankstellen und Parkplätzen (BayObLG NJW 1980, 1639 [Ls.]; OLG Frankfurt am Main VRS 57, 311).
 

☆ Parkplätze und die Gelände von Tank- und Raststätten sind zwar innerhalb der genannten Beschilderung auch Teil der Autobahn oder Kraftfahrstraße. Sie unterfallen aber nicht dem Verbot des § 18 Abs. 7 StVO (BGHSt 47, 252 = NJW 2002, 2332; Hentschel/König/Dauer/König , § 18 StVO Rn 14; vgl. auch OLG Celle VRS 61, 66). Diese ...

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