Leitsatz
1. Die Frist zur Einlegung der sofortigen (weiteren) Beschwerde wird durch eine Verkündung der angefochtenen Entscheidung zu Protokoll nur dann in Gang gesetzt, wenn der Entscheidungssatz einschließlich der vollständigen Gründe mündlich bekanntgemacht und zu Protokoll genommen wird; daß dies geschehen ist, muß sich aus dem Protokoll ergeben.
2. Der Durchbruch einer Wand zwischen Haupt- und Nebengebäude, der wegen eines bestehenden Höhenunterschieds auch einen Einriff in die Decke des darunterliegenden Raums erforderlich macht, stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf.
3. Ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluß kann nur dann unter einschränkenden Voraussetzungen durch einen Zweitbeschluß abgeändert werden, wenn die beiden Beschlüsse denselben Gegenstand betreffen.
Sachverhalt
Die Wohneigentumsanlage besteht aus einem Haupt- und einem Nebengebäude. Im Erdgeschoß befinden sich jeweils die angrenzenden Sondereigentumsbereiche, die nunmehr durch einen Wanddurchbruch zusammengeführt werden sollen. Mit entsprechendem Eigentümerbeschluß genehmigten die Wohnungseigentümer mehrheitlich hierfür notwendige Baumaßnahmen. Infolge der nunmehr in Angriff genommenen Umbaumaßnahmen ergaben sich unerwartete Schwierigkeiten, da die Räumlichkeiten nicht ebenerdig lagen, sondern ein unterschiedliches Höhenniveau dergestalt aufwiesen, daß zur Zusammenführung beider Sondereigentumsräume auch die Decke des Heizungskellers verändert werden mußte. Die Wohnungseigentümer trafen nunmehr, wiederum mehrheitlich, den Beschluß, die weiteren Umbaumaßnahmen zu untersagen. Betreffender Sondereigentümer wendet sich nun gegen diesen Beschluß und ist der Auffassung, für die geplante Umbaumaßnahme sei eine Zustimmung der Wohnungseigentümer nicht notwendig.
Entscheidung
Das sahen die Richter hier anders. Der beabsichtigte Wanddurchbruch zwischen dem Haupt- und Nebengebäude einschließlich der erforderlichen Eingriffe in die Decke des Heizungskellers stellt eine bauliche Veränderung dar, die über eine ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht. Da es sich zumindest bei den notwendig werdenden Eingriffen in die Decke des Heizungskellers um einen schwerwiegenden Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums handelt, ist folglich die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Eine Duldungspflicht ist jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil die geplante Baumaßnahme eindeutig über die bei einem geordneten Zusammenleben hinausgehenden Nachteile verbunden ist.
Zu berücksichtigen ist vorliegend insbesondere, daß der mittlerweile bestandskräftige Eigentümerbeschluß der die ursprünglichen Baumaßnahmen genehmigte, eine entsprechende Zustimmung der Wohnungseigentümer zum Eingriff in die Decke des Heizungskellers nicht ersetzen konnte. Die Wohnungseigentümer hatten ursprünglich nur den Wanddurchbruch genehmigt, daß eine Veränderung der Heizkellerdecke notwendig werden würde, konnte damals noch nicht abgesehen werden. Da nun also der damalige Beschluß einen anderen Gegenstand hatte als der jetzige, konnten die Wohnungseigentümer unbedenklich - unabhängig von der Bestandskraft des ursprünglichen "Erlaubnisbeschlusses" - die weitere Baumaßnahmen wiederum im Beschlußwege untersagen.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 05.02.1998, 2Z BR 147/97
Fazit:
Kurz noch eine Erläuterung zum 1. Leitsatz: Die übrigen Wohnungseigentümer waren hier der Anschicht, das Rechtsmittel des anfechtenden Wohnungseigentümers sei bereits unzulässig, da verspätet eingelegt. Im vorinstanzlichen Termin sei bereits der Entscheidungssatz - oder: Tenor - verkündet worden, die Frist zur Einlegung der weiteren Beschwerde sei daher bereits ab Verkündung gelaufen. Der anfechtende Wohnungseigentümer hatte das Rechtsmittel jedoch erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist - §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 FGG - eingelegt. Das war aber vorliegend gar nicht zu beanstanden. Um die Einspruchsfrist wirksam in Gang setzen zu können, genügt es nicht, nur den Entscheidungssatz zu verkünden. Hierfür hätten daneben auch die vollständigen Entscheidungsgründe bekanntgemacht werden müssen, was gleichwohl unterblieb. Die Frist begann also auch hier erst mit der Bekanntmachung durch förmliche Zustellung an den Wohnungseigentümer zu laufen.