Leitsatz
- § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB lässt es zu, dass die Kosten der Wasserversorgung im – vom Gesetz vorausgesetzten – Normalfall, in dem die Wohnungen der Abrechnungseinheit im Wesentlichen vermietet sind, einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden, also auch insoweit, als Fixkosten wie Grundgebühren oder Zählermiete unabhängig vom tatsächlichen Wasserverbrauch anfallen. Dieser Grundsatz findet seine Grenze dort, wo eine solche Umlegung wegen erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Mieter mit Fixkosten der Wasserversorgung führt, die auf die leer stehenden Wohnungen nicht nach Verbrauch umgelegt werden können, weil in ihnen aufgrund des Leerstands kein Wasserverbrauch anfällt.
- In einem Formularmietvertrag hält die im Folgenden in Kursivschrift wiedergegebene Klausel "Frisch-/Kaltwasser wird, soweit der Verbrauch über Messeinrichtungen erfasst wird, nach dem Ergebnis der Messungen abgerechnet. Entsprechendes gilt für die Grundgebühr (sie wird im Verhältnis der je Wohnung erfassten Verbrauchsmenge umgelegt)" der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil sie die Grenze der Zulässigkeit einer Umlegung auch der Grundgebühren der Wasserversorgung nach dem erfassten Verbrauch nicht beachtet.
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB § 556a
Kommentar
Das Urteil ist in einem Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) ergangen. Die im Leitsatz b) wiedergegebene Klausel ist Teil eines sog. "Dauernutzungsvertrags" einer Wohnungsgenossenschaft. Ein Mieterverein hat die Genossenschaft auf Unterlassung der Verwendung des kursiv wiedergegebenen Teils der Klausel in Anspruch genommen. Die Instanzgerichte haben der Klage stattgegeben.
Der BGH hat die Revision zurückgewiesen: Nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB sind Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch Rechnung trägt. Zu diesen Kosten zählen auch die Kosten der Wasserversorgung, falls der Wasserverbrauch durch Wohnungswasserzähler erfasst und abgerechnet wird. Allerdings werden die Kosten der Wasserversorgung nicht nur durch die verbrauchte Wassermenge, sondern auch durch Fixkosten beeinflusst. Zu diesen Fixkosten zählen die Grundgebühren, die Kosten der Anmietung von Wasserzählern, die Kosten der Ablesung und der Abrechnung, die Kosten der Eichung der Wasserzähler, die Kosten der Wartung von Wassermengenreglern sowie die Kosten einer Wasseraufbereitungsanlage (vgl. § 2 Nr. 2 BetrKV). Dies führt zu der Frage, ob diese Kosten ebenfalls nach dem Wasserverbrauch umgelegt werden dürfen, oder ob die Umlage insoweit nach dem Verhältnis der Wohnflächen zu erfolgen hat (§ 556a Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Frage stellt sich deshalb, weil im Falle eines Wohnungsleerstands diese Kosten von den Mietern alleine zu tragen wären.
Nach Ansicht des BGH sind bei der Betriebskostenumlage Gesichtspunkte der Umlagegerechtigkeit und der Praktikabilität zu berücksichtigen. Hieraus folgt, dass in die verbrauchsabhängige Umlage "in gewissem Umfang" auch verbrauchsunabhängige Kosten einfließen dürfen. Sind die Wohnungen im Wesentlichen vermietet, so ist eine einheitliche Umlage der Kosten der Wasserversorgung nach dem gemessenen Verbrauch zulässig. Der Umstand, dass die eine oder andere Wohnung über gewisse Zeit leer steht, schadet nicht. Anders ist es dagegen bei einem "erheblichen Wohnungsleerstand". Hier verstößt die Einbeziehung der Fixkosten in die verbrauchsabhängige Abrechnung gegen den Grundsatz, dass das Leerstandsrisiko vom Vermieter zu tragen ist. Die Umlage der Fixkosten muss in diesem Fall nach dem Wohnflächenschlüssel erfolgen, wobei der auf die leer stehenden Wohnungen entfallende Anteil vom Vermieter zu tragen ist.
Der BGH hat nicht entschieden, wo die Grenze zwischen dem "Normalfall" und den Fällen des "erheblichen Leerstands" zu ziehen ist. Dies sei Aufgabe der Instanzgerichte. Aus dem Urteil ergeben sich auch keine Hinweise, nach welchen Kriterien die Abgrenzung vorzunehmen ist.
Wird im Falle eines erheblichen Leerstands einheitlich nach dem Wasserverbrauch umgelegt, so ist der Umlagemaßstab fehlerhaft. Es handelt sich um einen inhaltlichen Fehler der Abrechnung, der vom Gericht nur geprüft wird, wenn der Mieter eine entsprechende Einwendung erhebt (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB). Den Wohnungsunternehmen ist in den Leerstandsfällen im Zweifel eine Umlage der Fixkosten nach dem Flächenmaßstab zu empfehlen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 6.10.2010, VIII ZR 183/09, NJW 2010 S. 3645