Alexander C. Blankenstein
§ 20 Abs. 3 WEG n. F. begründet einen Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Gestattung einer baulichen Veränderung,
- wenn durch sie kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird oder
- etwa beeinträchtigte Wohnungseigentümer ihr Einverständnis mit der Baumaßnahme erklärt haben.
Dies korrespondiert mit der bisherigen Rechtslage in § 22 Abs. 1 WEG a. F. Auch hiernach kann ein Wohnungseigentümer die Gestattung einer baulichen Veränderung verlangen, soweit diejenigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung erteilen, die über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG a. F. beeinträchtigt werden.
5.3.1 Kriterien einer Beeinträchtigung
Eine Beeinträchtigung ist nach Auffassung des Gesetzgebers rechtlich nicht relevant, wenn sie nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht oder die über dieses Maß hinaus beeinträchtigten Wohnungseigentümer einverstanden sind. Letztlich entspricht dies, wenn auch nicht wortwörtlich, übereinstimmend der derzeit geltenden Rechtslage nach § 22 Abs. 1 WEG a. F. Dieser nimmt insoweit hinsichtlich der vorerwähnten Nachteilskonkretisierung noch Bezug auf die Regelung des § 14 Nr. 1 WEG a. F.
Der Sache nach wird sich also nichts ändern. Maßstab für die Beurteilung, ob eine Umgestaltung beeinträchtigend wirkt, wird auch weiterhin sein, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Dies ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Das subjektive Empfinden eines Eigentümers, seine Ängste und Befürchtungen spielen bei der Beurteilung keine Rolle. Auch lediglich die theoretische Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung ist nicht ausreichend.
Parabolantenne auf dem Dach
Möchte ein Wohnungseigentümer auf dem Dach der Wohnanlage eine Parabolantenne montieren, besteht zwar die theoretische Möglichkeit einer Undichtigkeit; diese ist aber ausgeschlossen, wenn der Einbau fachgerecht durch ein geeignetes Fachunternehmen erfolgt.
Ein Nachteil liegt erst dann vor, wenn durch die bauliche Maßnahme die Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder auch nur eines einzelnen von ihnen hinreichend wahrscheinlich ist und insoweit die Gefahr eines über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteils besteht. Dies kann etwa bei
- Eingriffen in die Statik und Substanz des Gebäudes,
- Schäden am Gemeinschafts- oder Sondereigentum,
- nachteiligen Veränderungen des optischen Gesamteindrucks,
- Möglichkeit intensiverer Nutzung,
- Erhöhung des Kostenaufwands für Erhaltungsmaßnahmen,
- Gefährdung anderer Wohnungseigentümer,
- Immissionen oder
- wirtschaftlicher Entwertung des Eigentums
der Fall sein. Insoweit kommt es dann auf das Einverständnis etwa beeinträchtigter Wohnungseigentümer an.
"Einverständnis" statt "Zustimmung"
Statt einer "Zustimmung" ist künftig vom "Einverständnis" beeinträchtigter Wohnungseigentümer die Rede, da keine Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erfolgt, sondern ein Einverständnis mit einem Rechtseingriff erklärt wird. Das Einverständnis ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Im Streitfall hat der bauwillige Wohnungseigentümer jedenfalls das erforderliche Einverständnis darzulegen und zu beweisen. Relevant wird die Frage der tatsächlichen Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer über das Maß des bei einem geordneten Zusammenlebens erträgliche Maß dann, wenn der Antrag des bauwilligen Wohnungseigentümers keine Mehrheit findet und er insoweit gezwungen ist, eine Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 WEG n. F. zu erheben.
Folgekosten sind kein Nachteil
Eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer kann sich nicht aus den Kosten der Baumaßnahme oder der durch sie entstehenden Folgekosten ergeben. Denn diese Kosten sind gemäß § 21 Abs. 1 WEG n. F. allein vom bauwilligen Wohnungseigentümer zu tragen.
5.3.2 Beeinträchtigung liegt nicht vor
Ist mit der baulichen Veränderung kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil für die Wohnungseigentümer verbunden und besteht auch nicht die konkrete Gefahr eines derartigen Nachteils, hat der bauwillige Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Gestattung der Maßnahme durch Beschluss nach § 20 Abs. 3 WEG n. F. Auch wenn mit der begehrten Maßnahme kein Nachteil verbunden sein wird, muss sich der bauwillige Wohnungseigentümer an den Verwalter wenden und diesen bitten, einen entsprechenden Beschlussantrag zur Tagesordnung zu nehmen. Denn eine Gestattungsbeschlussfassung ist zwingende Voraussetzung für die Baumaßnahme.
Dem bauwilligen Wohnungseigentümer kann von den übrigen Wohnungseigentümern nicht vorgeschrieben werden, wie er die Baumaßnahme durchzuführen hat. Wenn sie mit keinem relevanten Nachteil verbunden ist, bedarf es auch keiner entsprechenden Bevormundung. Das bringt das Gesetz insoweit zum Ausdruck, als § 20 Abs. 3 WEG n. F. keine der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG ...