Leitsatz

Art. 26 Abs. 5 EGBGB regelt auch die Frage, nach welchem Statut sich die Wirksamkeit des Widerrufes einer wechselbezüglichen Verfügung richtet.

 

Sachverhalt

Die Klägerin beantragt inzwischen in 2. Instanz die Feststellung, dass sie Alleinerbin nach dem 2003 in der deutschen Stadt1 verstorbenen Ehemann der Beklagten ist und macht die sich hieraus ergebenden Anspruche auf Auskunft und Herausgabe geltend. Die Beklagte und der Erblasser hatten 1973 ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Bis zu seinem Tod hielt der Erblasser sich auch regelmäßig in Österreich auf, wo er in Stadt Ö mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet war.

Am 01.03.2003 verfasste der Erblasser in der deutschen Stadt2 unter Hinzuziehung von drei Testamentszeugen ein mit Schreibmaschine geschriebenes, eigenhändig unterzeichnetes Testament, mit dem er die Klägerin zur Alleinerbin einsetzte.

Am 15.07.2003 wurde die am 14.05.2003 errichtete Klägerin in das beim LG Salzburg geführte Firmenbuch eingetragen. Das LG wies die Klage zurück und auch die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Das Testament vom 01.03.2003 ist nach anzuwendendem österreichischem Recht wirksam.

Gem. Art. 26 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 EGBGB, Art. 1 Abs. 1 Buchst. c) und d), Art 2 TestFormÜbk v. 05.10.1961 ist eine letztwillige Verfügung, durch die eine letztwillige Verfügung widerrufen wird, hinsichtlich der Form gültig, wenn sie u.a. den Formerfordernissen des Ortes entspricht, an dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz hatte. Nach Art. 26 EGBGB ist der Begriff des Wohnsitzes nach dem Belegenheitsrecht zu bestimmen. Vorliegend ist nach österreichischem Recht ein Wohnsitz in Stadt Ö zu bejahen.

Nach §§ 579, 713 ABGB ist das Testament vom 01.03.2003 somit als sog. fremdhändiges Testament formgültig errichtet worden.

Jedoch stellt die 1973 errichtete letztwillige Verfügung eine wechselbezügliche Verfügung i.S.v. § 2270 BGB dar, so dass sie den Widerrufsbeschränkungen des § 2271 BGB unterfällt. Diese Bindungswirkung unterfällt nach Art. 26 Abs. 5 EGBGB dem Errichtungsstatut, d.h. dem deutschen Recht.

Ebenfalls nach Art. 26 Abs. 5 EGBGB beurteilt sich, nach welchem Statut sich die materielle Wirksamkeit des Widerrufs richtet, da nur auf diese Weise der Vertrauensschutz der Testierenden in die Bindungswirkung im Zeitpunkt der Testamentserrichtung gewährleistet werden kann. Der Widerruf vom 01.03.2003 wäre deshalb nur dann gültig geworden, wenn die letztwillige Verfügung der Beklagten in Urschrift zugegangen wäre. Das Schriftstück wurde jedoch von einem anwesenden Zeugen zwecks Hinterlegung mitgenommen; eine zulässige Vereinbarung über Abweichungen von § 130 Abs. 1 BGB wurde nicht getroffen. Die Übergabe der Urkunde konnte auch nicht durch ein Telefax ersetzt werden, da es sich hierbei nur um eine einfache Abschrift handelt und daher den Anforderungen des § 2296 BGB nicht genügt.

Auch eine Übergabe der letztwilligen Verfügung mit Zustellung der Klage kommt nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass nur eine einfache Kopie zugestellt wurde, hätte sich die Urkunde darüber hinaus auch bereits beim Tode "auf dem Weg" zur Beklagten befinden müssen.

Und auch wenn die Beklagte sichere Kenntnis vom Willen des Erblassers hatte, was gerade der Zweck der Erschwerung des Widerrufes ist, kann hierdurch die Formstrenge des Erbrechts nicht außer Kraft gesetzt werden, das das Zugangserfordernis zwingend festsetzt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.05.2009, 26 U 31/08

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