Leitsatz
Ein Arbeitnehmer kann bei einem ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrats gegen eine ordentliche Kündigung gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG seine Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses verlangen. Für einen ordnungsgemäßen Widerspruch genügt es nicht, dass der Betriebsrat nur allgemein auf eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens verweist; vielmehr muss er den Arbeitsplatz, auf dem der zu kündigende Arbeitnehmer eingesetzt werden kann, in bestimmbarer Weise angeben.
Der Betriebsrat hatte der Kündigung eines Arbeitnehmers mit folgender Begründung widersprochen: "Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass eine Weiterbeschäftigung für Herrn E möglich ist. Nach den bisherigen Informationen ist eine Fortführung der bis heute in K durchgeführten Tätigkeiten in M geplant, daher ist der Wegfall des Arbeitsplatzes nicht zwingend. Herr E hat sich bereits mehrfach auf Stellenangebote im Konzern beworben." Trotz eines Weiterbeschäftigungsverlangens beschäftigte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Kündigungsrechtsstreits nicht. Der Arbeitnehmer verlangte deshalb Vergütung für diese Zeit. Das BAG wies die Klage ab.
Dem Kläger steht keine Vergütung zu, weil kein Weiterbeschäftigungsanspruch bestand. Der Weiterbeschäftigungsanspruch setzt einen ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrats voraus. Ein solcher liegt hier nicht vor. Im Grunde genommen macht der Betriebsrat nur geltend, der Arbeitsplatz des Klägers sei als solcher nicht weggefallen. Es wird lediglich im Wege einer pauschalen Regelung geschlussfolgert, bisher in K durchgeführte Tätigkeiten würden in M weitergeführt. Ein rein spekulativer Widerspruch etwa in dem Sinne, dass irgendeine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb vorhanden sei, reicht jedoch nicht aus. Dem Betriebsrat ist ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen. Er muss den Arbeitsplatz zumindest in bestimmbarer Weise angeben und den Bereich bezeichnen, in dem der Arbeitnehmer anderweitig beschäftigt werden kann. Daran fehlt es hier.
Link zur Entscheidung
BAG, Urteil vom 17.06.1999, 2 AZR 608/98
Praxishinweis: Will der Betriebsrat einen Weiterbeschäftigungsanspruch eines Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses sicherstellen, muss er im Widerspruch konkrete Argumente vorbringen. Fehlt es daran, braucht der Arbeitgeber sich auf eine Weiterbeschäftigung zunächst nicht einzulassen.