Leitsatz
Gegenstand dieses Verfahrens war die Frage, wie zu verfahren ist, wenn das Gericht einer im Verfahren der Wiedereinsetzung als Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung keinen Glauben schenkt.
Sachverhalt
In einem Streit um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hat das FamG den Antragsgegner durch Beschluss verpflichtet, der Antragstellerin eine monatliche Ausgleichsrente zu zahlen. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 30.3.2009 zugestellt. Nach Ablauf der Beschwerdefrist hat der Antragsgegner durch seinen Verfahrensbevollmächtigten sofortige Beschwerde einlegen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen lassen. Zur Versäumung der Beschwerdefrist hat er angeführt, vier Tage vor Ablauf der Beschwerdefrist sei ein Beschwerdeschriftsatz bereits zur Post gegeben worden. Dem Schriftsatz war zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung der ReNo-Fachangestellten des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners beigefügt, wonach diese am 27.4.2009 eine an das OLG gerichtete Beschwerdeschrift geprüft, eingetütet und frankiert sowie kurz vor 18.00 Uhr bei der Postfiliale abgegeben hatte. Auf Verfügung des OLG legte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 2.6.2009 eine ergänzende eidesstattliche Versicherung der ReNo-Fachangestellten vor.
Das OLG hat das Wiedereinsetzungsgesuch des Antragsgegners zurückgewiesen und die sofortige Beschwerde verworfen. Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
Entscheidung
Die für zulässig und begründet erachtete Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Der BGH hat in seiner Entscheidung noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht angewandt und unter Hinweis auf eine frühere Entscheidung (BGH v. 7.5.2002 - I ZB 30/01 - veröffentlicht bei Juris) wiederholt, dass ein Beschwerdegericht, wenn es einer eidesstattlichen Versicherung im Verfahren der Wiedereinsetzung keinen Glauben schenke, den Antragsteller darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben müsse, entsprechenden Zeugenbeweis anzutreten.
Darüber hinaus hat der BGH festgestellt, dass das OLG zur Prüfung verpflichtet gewesen wäre, ob in der Vorlage der eidesstattlichen Versicherung zugleich ein Beweisangebot auf Vernehmung der ReNo-Fachangestellten als Zeugin zu den darin genannten Tatsachen zu sehen sei. Sei dies der Fall, liefe die Ablehnung der Wiedereinsetzung ohne die vorherige Vernehmung der Zeugin auf eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung hinaus.
Die Zweifel, die das OLG zur Versagung der Wiedereinsetzung geführt hatten und die darin lagen, dass die erklärte Erinnerung einer Kanzleimitarbeiterin an die Aufgabe eines Schriftstücks zur Post nach mehr als einer Woche nicht nachvollziehbar sei, teilte der BGH nicht. Insbesondere sah er keine Anhaltspunkte für die wahrheitswidrige Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
Durch den Verfahrensablauf sah der BGH die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör verletzt. Angesichts bestehender Zweifel an der Wahrhaftigkeit der eidesstattlichen Versicherung hätte der Beschwerdeführer darauf hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben werden müssen, Zeugenbeweis anzutreten.
Hinweis
Aus der vorliegenden Entscheidung des BGH wird deutlich, dass es ihm darum ging, die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Die in der Entscheidung formulierten Anforderungen befreien nicht von wahrheitsgemäßem und vollständigem Tatsachenvortrag und seiner Glaubhaftmachung. Ergänzt durch die Benennung der Auskunftsperson als Zeugen eröffnet sie jedoch die Möglichkeit, das Gericht von der Richtigkeit des geschilderten Geschehensablaufs zu überzeugen.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 24.02.2010, XII ZB 129/09