Leitsatz
- Entsprechend § 22 Abs. 2 WEG kann gegen die Versäumung der Beschlußanfechtungsfrist gemäß § 23 Abs. 4 S. 2 WEG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
- In Abweichung von §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO gilt die in § 22 Abs. 2 FGG bestimmte Zweiwochenfrist nicht für die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen.
- Die Fristversäumung ist nicht unverschuldet, wenn es ein Wohnungseigentümer unterläßt, der trotz ordnungsgemäßer Einladung nicht an der Eigentümerversammlung teilgenommen hat, sich vor Ablauf der Anfechtungsfrist danach zu erkundigen, welche Beschlüsse gefaßt wurden.
- Eine Pflicht des Verwalters, die Protokolle zur Eigentümerversammlung rechtzeitig zu übersenden, besteht in der Regel nicht.
Sachverhalt
Auf einer Wohnungseigentümerversammlung wurden verschiedene Beschlüsse gefaßt, die eine Wohnungseigentümerin nunmehr insgesamt angefochten hat. Im einzelnen trägt sie vor, das Einladungsschreiben zu der Versammlung sei ihr erst unmittelbar vor dem Versammlungstermin zugegangen. Sie habe daraufhin den Verwalter gebeten, diesen Termin zu verlegen, da sie verhindert sei. Da sich der Verwalter im weiteren nicht mehr bei ihr gemeldet habe, sei die davon ausgegangen, die Versammlung sei tatsächlich verlegt worden. Das Protokoll zu der dennoch durchgeführten Versammlung habe sie dann erst ca. eineinhalb Monate später erhalten und daraufhin ca. eine Woche später die Beschlüsse angefochten. Die Anfechtungsanträge der Wohnungseigentümerin wurden erstinstanzlich wegen Fristversäumung zurückgewiesen, ein entsprechender Wiedereinsetzungsantrag, der dann erst drei Wochen nach übersendung der Versammlungsprotokolle gestellt wurde, wurde ebenfalls zurückgewiesen. Die Richter waren daher der Auffassung, die Eigentümerin sei nicht ohne ihr Verschulden an der Wahrung der Anfechtungsfrist gehindert gewesen. Auf entsprechende Beschwerde der Eigentümerin hatte das Landgericht zu entscheiden, das zu demselben Ergebnis wie das Amtsgericht kam.
Entscheidung
Auch die Richter des OLG Hamm teilten die Auffassung der Vorinstanzen. Aber der Reihe nach: Die Beschlußanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG ist eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist - mit anderen Worten: Alles, was nach Ablauf dieser Frist vorgebracht wird, ist vom Gericht nicht zu berücksichtigen. Ist also die einmonatige Anfechtungsfrist verstrichen, kann das Wohnungseigentumsgericht einen danach gestellten Beschlußanfechtungsantrag wegen Verspätung zurückweisen.
Etwas anderes gilt dann, wenn gegen die Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig ist. Der Wiedereinsetzungsantrag ist dabei innerhalb von zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses zu stellen. Als Hindernis war hier die behauptete Unkenntnis von der Durchführung der Wohnungseigentümerversammlung anzusehen. Dieses wurde letztlich durch die übersandten Protokolle beseitigt. Da nun aber die Eigentümerin erst drei Wochen nach übersendung der Protokolle den entsprechenden Antrag stellte, war dies auch für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend § 22 Abs. 2 FGG verspätet.
Man könnte sich nun durchaus auf den Standpunkt stellen, bereits in der Antragsschrift sei ein Wiedereinsetzungsantrag enthalten, da es für die Wiedereinsetzung keines förmlichen Antrags bedarf. Ein derartiger konkludenter Wille des Antragstellers, daß durch die Fristversäumung eingetretene Nachteile beseitigt und das Verfahren durchgeführt werden sollen, ist aber dann zu verneinen, wenn der Antragsteller seinen Antrag für rechtzeitig gestellt hält oder sich aber über die Notwendigkeit einer Fristwahrung überhaupt keine Gedanken gemacht hat.
In diesem Zusammenhang war zu berücksichtigen, daß die Wohnungseigentümerin ordnungsgemäß zu der Eigentümerversammlung geladen worden war. Daß sie an der Versammlung nicht teilgenommen hatte und von den Beschlußfassungen erst durch übersendung des Protokolls erfahren hatte, konnte hier keinen unverschuldeten Wiedereinsetzungsgrund begründen. Denn es entspricht allgemeiner Rechtsauffassung, daß ein Wohnungseigentümer, der trotz Einladung an einer Wohnungseigentümerversammlung nicht teilgenommen hat, sich rechtzeitig vor Ablauf der Anfechtungsfrist danach zu erkundigen hat, welche Beschlüsse in der Versammlung gefaßt worden sind. Weiter war zu berücksichtigen, daß der Verwalter weder nach der Gemeinschaftsordnung noch dem Verwaltervertrag verpflichtet war, die Protokolle zu der Eigentümerversammlung zu übersenden.
Von wesentlicher Bedeutung war hier aber, daß die Wohnungseigentümerin um Verlegung der Eigentümerversammlung gebeten hatte, diese nach ihrem Wunsch ca. einen Monat nach dem tatsächlich anberaumten Termin stattfinden sollte. Nun war es in der Tat mehr als verwunderlich, daß sich besagte Eigentümerin nicht danach erkundigte, ob denn nun die Versammlung tatsächlich verlegt worden sei, nachdem sie innerhalb des Zeitraums von einem Monat keine Einladung zu der "verlegten" Eigentümerversammlung erhalten hatte. Vor diesem H...