Rechtliche Bedeutung

Ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers kann bei der Prüfung von Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen auf ihre rechtliche Wirksamkeit und bei ordentlichen Kündigungen von Bedeutung sein.

Ursprünglich wurde der Wiedereinstellungsanspruch vom Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Verdachtskündigung entwickelt. Danach wurde dem Arbeitnehmer ein Wiedereinstellungsanspruch zugebilligt, wenn das Arbeitsgericht eine Verdachtskündigung rechtskräftig als wirksam erachtet hat, es jedoch dem Arbeitnehmer in einem nachfolgenden Strafverfahren gelang, seine Unschuld nachzuweisen (vgl. BAG, Urteil v. 20.8.1997, BB 1997, 2484).

Rechtliche Grundlagen

Kommt es noch vor Ablauf der Kündigungsfrist im Fall einer betriebsbedingten Kündigung zu einer abweichenden Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere zu unvorhergesehenen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, besteht ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers. Dadurch wird die Rechtssicherheit von Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen beseitigt. § 242 BGB ist als ausreichende Anspruchsgrundlage für einen Wiedereinstellungsanspruch von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Er ist Korrektur dafür, dass die Kündigung auf einer Prognoseentscheidung beruht und bei der Prüfung des Kündigungsgrundes auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs abzustellen ist.

Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht unter folgenden Voraussetzungen:

  1. der Arbeitgeber trägt bei Wegfall des betriebsbedingten Kündigungsgrundes noch während der Kündigungsfrist den veränderten Umständen nicht Rechnung und bietet dem Arbeitnehmer nicht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an;
  2. der Arbeitgeber hat mit Rücksicht auf die Wirksamkeit der Kündigung noch keine Disposition getroffen; ihm ist daher die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar;
  3. die geänderten Umstände sind noch innerhalb der Kündigungsfrist eingetreten; Veränderungen nach deren Ablauf sind unbeachtlich (vgl. dazu BAG, Urteil v. 27.2.1997, NZA 1997, 757; BAG, Urteil v. 6.8.1997, AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung; BAG, Urteil v. 13.11.1997, BB 1998, 319; BAG, Urteil v. 4.12.1997, AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung).
Praxis-Beispiel
  • Das Bundesarbeitsgericht hat einen Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers angenommen, wenn einem Arbeitnehmer zunächst sozial gerechtfertigt vom Insolvenzverwalter betriebsbedingt gekündigt wurde, sich jedoch vor Ablauf der Kündigungsfrist ein Erwerber fand, der den Betrieb fortführte (BAG, Urteil v. 27.2.1997, NZA 1997, 757).
  • Ein Arbeitgeber hatte sich entschieden, eine Betriebsabteilung zu schließen und die dort beschäftigten Arbeitnehmer zu kündigen. Mit den Arbeitnehmern wurden zwar noch während der Kündigungsfrist im Rahmen eines gerichtlichen Abwicklungsvertrages Vergleiche geschlossen, jedoch hatte sich der Betriebsinhaber kurze Zeit später dazu entschlossen, die Betriebsabteilung doch mit einer geringeren Anzahl von Arbeitnehmern fortzuführen. Die vorher geschlossenen Vergleiche waren wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage an die geänderte betriebliche Situation anzupassen (vgl. BAG, Urteil v. 4.12.1997, BB 1998, 1108).
  • Der Arbeitgeber hat einen Vergleich mit einem gekündigten Arbeitnehmer geschlossen. Er entschließt sich, zeitlich nach Ablauf der Kündigungsfrist dieses Arbeitnehmers, den Betriebsteil mit einer geänderten Technologie doch fortzusetzen. In diesem Fall hat der durch den Vergleich ausgeschiedene Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Wiedereinstellung gegen Rückzahlung der gezahlten Abfindung (BAG, Urteil v. 27.2.1992, 2 AZR 160/96).
  • Die kündigungsbegründeten Umstände ändern sich bei einer betriebsbedingten Kündigung erst nach Ablauf der Kündigungsfrist In diesem Fall steht dem Arbeitnehmer kein Wiedereinstellungsanspruch aufgrund einer nachwirkenden Fürsorgepflicht des Arbeitnehmers zu (vgl. BAG, Urteil v. 4.12.1997, NZA 1998, 701).

Die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse müssen vor Ablauf der Kündigungsfrist eingetreten sein. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Wiedereinstellungsanspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von drei Wochen nach Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen geltend gemacht werden (ArbG Frankfurt/Main, Urteil v. 20.7.1999, NZA-RR 1999, 580). Von der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist die Ableitung des Wiedereinstellungsanspruchs nach § 242 BGB wegen geänderter Verhältnisse im Fall der Eigenkündigung des Arbeitnehmers.

Interessen des Arbeitgebers

Dem Weiterbeschäftigungsanspruch können aber berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, z.B. wenn der in Betracht kommende Arbeitsplatz zwischenzeitlich schon wieder mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt ist und der betroffene Arbeitnehmer aufgrund eines vorherigen Prozessvergleichs eine hohe Abfindung erhalten hat (BAG, Urteil v. 28.6.2000, 7 AZR 904/98).

Ausschluss des Anspruchs

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung kann aus Gründen der Rechtssicherheit im Rahmen ...

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