Dr. Albert Schröder, Dr. Ben Steinbrück
Leitsatz
Weisen die Parteien in einer Vertragsklausel sämtliche Streitigkeiten unter Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten einem Schiedsgericht zu und regeln in einem gesonderten Absatz dieser Klausel, dass sie weitere Einzelheiten in einem gesonderten Schiedsvertrag festlegen, ist die Schiedsvereinbarung auch ohne den gesonderten Schiedsvertrag grundsätzlich wirksam. Das Gesetz sieht für diesen Fall ausreichend ergänzende Regelungen vor.
Sachverhalt
Die Parteien waren Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die mittlerweile aufgelöst wurde. Der Gesellschaftsvertrag enthält eine Schiedsklausel, nach der über sämtliche Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis sowie über die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags und einzelner Bestimmungen ein Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs entscheidet. Nach Absatz 2 der Schiedsklausel sollen Einzelheiten zur Zuständigkeit und zur Zusammensetzung des Schiedsgerichts sowie zum Verfahren selbst in einem gesonderten Schiedsvertrag festgelegt werden. Dieser Schiedsvertrag wurde jedoch nicht abgeschlossen.
Nachdem es zwischen zwei Gesellschaftern zum Streit gekommen war, erhob ein Gesellschafter Klage vor dem Landgericht. Auf die Schiedseinrede des Beklagten hin wurde die Klage als unzulässig abgewiesen.
Entscheidung
Das OLG Karlsruhe hat die Entscheidung in zweiter Instanz im Ergebnis bestätigt. Ebenso wie das Landgericht hat auch das OLG die gesellschaftsvertragliche Schiedsklausel dahingehend ausgelegt, dass die Parteien übereinstimmend vereinbart hatten, den ordentlichen Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten auszuschließen. Damit, so das OLG Karlsruhe, liege eine wirksame Schiedsvereinbarung nach § 1029 ZPO vor. Nach Ansicht des OLG sollten in dem gesonderten Schiedsvertrag lediglich ergänzende Regelungen zu den Einzelheiten des Schiedsverfahrens getroffen werden. Das Gesetz sehe für diesen Fall ausreichend Regelungen vor, nach denen das Schiedsverfahren durchzuführen ist.
Hinweis
Der Abschluss einer Schiedsvereinbarung setzt - wie jeder andere Vertrag auch - eine wirksame Einigung der Parteien voraus. Enthält ein Vertrag eine Schiedsklausel, die in einem weiteren Dokument noch konkretisiert werden soll, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Schiedsklausel auch dann wirksam vereinbart worden ist, wenn die Parteien sich anschließend nicht auf die beabsichtigte Zusatzvereinbarung einigen. In Einzelfällen kann es durchaus sein, dass nach dem - erkennbaren - Willen der Vertragsparteien eine Schiedsklausel nicht ohne den gesondert abzuschließenden Schiedsvertrag gelten soll. Dafür bedarf es aber konkreter Anhaltspunkte in der Schiedsvereinbarung. In der Regel dürften die Vertragsparteien eher die Absicht haben, dass auch ohne die Zusatzabrede bereits eine wirksame Schiedsvereinbarung zustande kommt. Denn der Wille der Parteien, den staatlichen Rechtsweg zugunsten einer schiedsgerichtlichen Streitbeilegung auszuschließen, kommt bereits in der Schiedsklausel selbst zum Ausdruck. Das OLG Karlsruhe stellt daher zu Recht darauf ab, dass der Abschluss des gesonderten Schiedsvertrages nicht notwendig sei, um das Schiedsverfahren durchzuführen. In Ermangelung anderweitiger Regelungen der Parteien richtet sich das Verfahren in diesem Fall nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO.
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe ist zu begrüßen, da sie den Bedürfnissen der Praxis entspricht. Die Parteien werden oft nur vage Vorstellungen über die Schiedsgerichtsbarkeit als Streiterledigungsmechanismus haben. Sie werden sich daher in erster Linie Gedanken über die Grundsatzfrage machen, ob sie den staatlichen Rechtsweg zugunsten eines Schiedsgerichts ausschließen wollen oder nicht. Ist diese Entscheidung zugunsten eines Schiedsverfahrens gefallen und durch Aufnahme einer Schiedsklausel in den betreffenden Vertrag dokumentiert worden, so genügt das prinzipiell für eine wirksame Schiedsvereinbarung.
In der Vergangenheit haben einige Gerichte dies jedoch anders gesehen. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, empfiehlt es sich, auf den Abschluss eines gesonderten Schiedsvertrags gänzlich zu verzichten, sofern er nicht, wie bei der Beteiligung eines Verbrauchers, zwingend erforderlich ist. Besser ist es, statt dessen entweder die gewünschten Zusatzregelungen direkt in die Schiedsklausel aufzunehmen oder - noch besser - durch Verwendung einer Musterschiedsklausel einer renommierten Schiedsinstitution wie der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) oder des ICC-Schiedsgerichtshofs eine praxiserprobten institutionellen Schiedsordnung zu vereinbaren.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.02.2012, 17 U 72/11