Leitsatz
Formularmäßige Klauseln, die dem Verwender das Recht einräumen, seine vertragliche Stellung als Vermieter von Gewerberäumen jederzeit auf eine andere Person zu übertragen, stellen nicht generell eine unangemessene Benachteiligung dar. Vielmehr ist, wenn der Mieter Unternehmer ist, eine am Maßstab des § 307 BGB ausgerichtete Prüfung der Umstände des Einzelfalls vonnöten.
Dabei ist auf der Vermieterseite ein grundsätzliches Interesse eines gewerblichen, als Gesellschaft organisierten Vermieters anzuerkennen, einen wirtschaftlich für sinnvoll erachteten künftigen Wandel der Rechtsform oder Rechtsinhaberschaft durch die Möglichkeit einer Bestandsübernahme zu erleichtern. Dem wird ein Interesse des Mieters entgegenzuhalten sein, sich über Zuverlässigkeit und Solvenz des Vermieters zu vergewissern. Dieses Mieterinteresse wird umso eher Beachtung fordern, je stärker das Vertragsverhältnis von einem besonderen Interesse des Mieters an der Person eines bestimmten Vermieters (mit)geprägt wird (Fortführung der Urteile v. 29.2.1984, VIII ZR 350/82, ZIP 1984 S. 841, v. 11.7.1984, VIII ZR 35/83, ZIP 1984 S. 1093 und v. 21.3.1990, VIII ZR 196/89, NJW-RR 1990 S. 1076).
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB §§ 307, 535
Kommentar
Die Entscheidung betrifft einen Mietvertrag vom Juli 2002 über Ladenräume in einem Einkaufszentrum. Eigentümerin der Räume ist eine aus mehreren Personen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Das Einkaufszentrum wird von einer Aktiengesellschaft (AG) betrieben. Die Ladenräume wurden nicht von der GbR, sondern von der AG vermietet. In dem Formularmietvertrag ist unter der Überschrift "§ 16: Untervermietung" bestimmt, dass die Untervermietung der Genehmigung des Vermieters bedarf. Außerdem enthält § 16 folgende Klausel:
"6. Der Vermieter hat das Recht, diesen Vertrag jederzeit auf eine andere Gesellschaft zu übertragen."
Im April 2004 teilte die AG dem Mieter mit, dass sie das Mietverhältnis auf die GbR übertragen habe. Dem hat der Mieter widersprochen; jedoch hat er die Miete in der Folgezeit an die GbR bezahlt. Im Juni 2006 wurde die GbR gem. § 105 Abs. 2 HGB in eine GmbH und Co. KG umgewandelt. Dieses Unternehmen nimmt den Mieter auf Zahlung von Mietrückständen in Anspruch. Der BGH hatte zu prüfen, ob die Klägerin Vermieterin der Ladenräume geworden ist und in dieser Eigenschaft die rückständige Miete einklagen kann.
Die Entscheidung hängt davon ab, ob die AG das Mietverhältnis auf die GbR übertragen konnte. Die Umwandlung der GbR in eine Personenhandelsgesellschaft spielt dagegen keine Rolle, weil die frühere GbR und die nunmehrige KG ein und dieselbe Gesellschaft darstellen. Die Gesellschaft hat lediglich ihren rechtlichen Charakter, nicht ihre Identität geändert.
Die Übertragung der Vermieterrechte und -pflichten von der AG auf die GbR bedurfte dagegen der Zustimmung des Mieters. Da der Mieter der Übertragung widersprochen hat, kam es entscheidend darauf an, ob die in § 16 Nr. 6 des Mietvertrags enthaltene Klausel wirksam ist.
1. Der Senat prüft zunächst, ob die fragliche Klausel überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist. Dies ist deshalb zweifelhaft, weil sich die Klausel in einem Abschnitt mit der Überschrift "Untervermietung" befindet und die Vertragsübertragung mit der Untervermietung an sich nichts zu tun hat. Klauseln, die "so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil" (§ 305c Abs. 1 BGB).
Ein Überraschungseffekt im Sinne von § 305c BGB kann sich auch aus der Stellung der Klausel im Gesamtwerk der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben. Das ist etwa der Fall, wenn sie in einem systematischen Zusammenhang steht, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht (BGH, Urteile v. 9.12.2009, XII ZR 109/08, NJW 2010 S. 671 und v. 21.7.2010, XII ZR 189/08, NJW 2010 S. 3152). Vorliegend ist das Gericht der Ansicht, dass eine Vertragsübertragungsklausel jedenfalls dann nicht ungewöhnlich ist, wenn der Mietvertrag zwischen geschäftserfahrenen Unternehmern abgeschlossen wird.
2. Nach § 309 Nr. 10 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, "wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen" ein Dritter in die Rechtsstellung des Verwenders eintritt. Diese Regelung ist aus zwei Gründen unanwendbar: Zum einen werden Mietverträge von § 309 Nr. 10 BGB nicht erfasst, zum anderen gilt die Vorschrift nicht für Verträge zwischen Unternehmern.
3. In seiner früheren Rechtsprechung hat der VIII. Zivilsenat des BGH die Ansicht vertreten, dass Vertragsübertragungsklauseln in sog. Automatenaufstellverträgen grundsätzlich gegen § 9 AGBG (= § 307 BGB) verstoßen (BGH, Urteil v. 20.2.1984, VIII ZR 350/82, NJW 1985 S. 53 und Urteil v. 11.7.1984, VIII ZR 35/83, NJW 1985 S. 56 betr. Musikbox und Geldspielautomat; Urteil v. 21.3.1990, VIII ZR 196/89, NJW-RR 1990 S. 1076 betr. Spielautomaten). Tragender Grund ist die Erwägung, dass bei Verträgen dieser Art die Zuverlässigkeit des Automatenaufstellers eine gewichti...