Leitsatz
Eine Ehe war durch Verbundurteil geschieden worden. Zugleich wurde der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt. Seine Bevollmächtigten legten gegen die Verurteilung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts Berufung ein und begründeten das Rechtsmittel. Nach Terminierung durch das OLG zur Berufungsverhandlung meldete sich ein anderer Rechtsanwalt für den Ehemann und teilte mit, diesen zukünftig zu vertreten. Die früheren Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes legten das Mandat nieder. Im Verhandlungstermin beim OLG erschien der neue Anwalt des Ehemannes und erklärte, er sei nicht beim OLG zugelassen und könne deshalb nicht verhandeln. Die Berufung des Ehemannes wurde daraufhin durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Das Urteil wurde den bisherigen Bevollmächtigten des Ehemannes zugestellt, später auch dem neu Beauftragten. Nach Ablauf der Frist der ersten Zustellung und noch innerhalb der Frist der zweiten, erfolgte die Zulassung des neuen Anwalts beim OLG. Daraufhin legte er Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein.
Das OLG hat den Einspruch als unzulässig verworfen. Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Ehemannes.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH vertrat die Auffassung, das Berufungsgericht habe den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen, weil dieser nicht innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO eingegangen sei.
Eine wirksame Zustellung des Versäumnisurteils sei am 1.6.2005 an die früher bevollmächtigten Rechtsanwälte erfolgt und habe die Einspruchsfrist in Gang gesetzt.
Nach § 172 Abs. 1 ZPO habe die Zustellung in einem anhängigen Verfahren - auch soweit es um die Zustellung eines Versäumnisurteils gehe - an den für den Rechtszug bestellten Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen. Die ersten Prozessbevollmächtigten hätten den Ehemann im Berufungsverfahren vertreten, Berufung eingelegt und das Rechtsmittel auch begründet. An der Prozessvollmacht für diese Rechtsanwälte habe sich für den Gegner und das Gericht weder durch die Bestellung des neuen Rechtsanwalts als neuer Verfahrensbevollmächtigter des Ehemannes noch durch die Niederlegung des Mandates durch die ersten Rechtsanwälte etwas geändert.
Nach § 87 Abs. 1 1. Halbs. ZPO gelte eine Vollmacht grundsätzlich bis zur Anzeige ihres Erlöschens fortbestehend. Im Anwaltsprozess erlange die Kündigung einer Vollmacht nach § 87 Abs. 1 2. Halbs. ZPO erst dann rechtliche Wirksamkeit, wenn die Bestellung eines neuen Verfahrensbevollmächtigten angezeigt werde. Dies setze allerdings voraus, dass der neue Rechtsanwalt in der Lage sei, die Partei rechtswirksam zu vertreten. Er müsse daher für das betreffende Verfahren postulationsfähig sein. Eine erst später erlangte Postulationsfähigkeit wirke nicht auf den Zeitpunkt einer früheren Prozesshandlung zurück.
Danach habe die Bestellung des neuen Rechtsanwalts und die Niederlegung des Mandats durch die vorherigen Rechtsanwälte zunächst keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der letzteren erteilten Prozessvollmacht. Die Zustellung an diese Anwälte am 1.6.2005 sei nach § 172 Abs. 1 ZPO wirksam. Die zweiwöchige Einspruchsfrist sei damit am 15.6.2005 abgelaufen.
Hinweis
Auch nach Mandatskündigung bleibt der bisherige Anwalt im Anwaltsprozess weiterhin im Verfahren. Er hat sich daher weiterhin um das Mandat zu kümmern, indem er zumindest bei ihm eingehende Post weiterleitet. Wird in einem laufenden Anwaltsprozess das Mandat gekündigt oder kündigt der Anwalt selbst, kann er keinesfalls die Akte einfach weglegen. Er erhält auch weiterhin die Post des Gerichts bis zum Verfahrensende oder bis zur Übernahme des Mandats durch einen postulationsfähigen Kollegen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 25.04.2007, XII ZR 58/06