Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Keine Aussetzung des Wohngeldverfahrens bei Anfechtung eines Abrechnungs- bzw. Wirtschaftsplan-Genehmigungsbeschlusses
Wohngeldschuldner bleibt auch der einzelne Eigentümer bei Zwischenmietvertragsabsprachen
Rechtsmissbräuchliche Ausnutzung einer Stimmenmehrheit führt allenfalls zur Anfechtbarkeit eines Eigentümerbeschlusses
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 25 WEG, § 28 Abs. 5 WEG, § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG, § 414 BGB
Kommentar
1. Die Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan ist auf deren Verbindlichkeit als Anspruchsgrundlage ohne Einfluss, solange der Beschluss nicht rechtskräftig für ungültig erklärt ist. Eine Aussetzung des Wohngeldverfahrens wird in der Regel nicht in Betracht kommen. Eigentümer sind hier auf den rechtzeitigen Eingang der Gelder angewiesen, so dass auch die Vorinstanzen zu Recht die Aussetzung des Verfahrens ablehnten.
2. Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß einer Bestimmung der Gemeinschaftsordnung die ganze Wohnanlage (Studentenwohnheim) an einen gewerblichen Zwischenmieter vermietet und ist in diesem Mietvertrag bestimmt, dass der Zwischenmieter den Mietzins abzüglich des jeweiligen Hausgeldes an den einzelnen Wohnungseigentümer als Vermieter zu überweisen habe, so hat dies auf die Zahlungspflicht der Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft keinen Einfluss. Dies gilt auch, wenn über das Vermögen des Zwischenmieters das Konkursverfahren eröffnet wird. Die Vereinbarung einer befreienden Schuldübernahme ( § 414 BGB) der Wohngeldschuld durch den Zwischenmieter müsste eindeutig, d.h. wohl zwischen den Wohnungseigentümern nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG vereinbart sein. Im vorliegenden Fall kann die zwischenmietvertragliche Regelung nicht als befreiende Schuldübernahme ausgelegt werden; es müsste zweifelsfrei zum Ausdruck kommen, dass der einzelne Wohnungseigentümer von seiner Wohngeldschuld freigestellt sein sollte. Die vorliegend getroffene Regelung dient allein der Vereinfachung der Zahlungsvorgänge, zur Zahlung verpflichtet bleibt allein der Wohnungseigentümer. Rechtlich gesehen handelt es bei der vertraglichen Regelung in den Zwischenmietverträgen allenfalls um eine Erfüllungsübernahme (vgl. § 329 BGB, § 415 Abs. 3 BGB), die für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen unmittelbaren Anspruch gegen den gewerblichen Zwischenmieter begründet und an der Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft auch nichts ändert.
3. Die missbräuchliche Ausnutzung einer Stimmenmehrheit durch einen Mehrheitseigentümer kann gegen Treu und Glauben verstoßen; dadurch beeinflusste Eigentümerbeschlüsse sind aber nicht nichtig, sondern allenfalls auf rechtzeitige Anfechtung hin für ungültig zu erklären.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung zu Lasten der Antragsgegner im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz von 6.844 DM.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 10.03.1994, 2Z BR 143/93)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer