Als – soweit ersichtlich – erstes Obergericht hat sich das OLG Frankfurt (RVGreport 2017, 300 [Hansens]) mit den Besonderheiten der elektronischen Kommunikation im Zusammenhang mit dem Anfall der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (nachfolgend Postentgeltpauschale) befasst. Die Entscheidung des OLG berücksichtigt erstmals die aktuellen Kommunikationsmöglichkeiten des Rechtsanwalts und bejaht in Abweichung von der bisherigen ganz herrschenden Auffassung den Anfall der Postentgeltpauschale bereits für die Kommunikation mit elektronischen Medien.
1. Gesetzliche Grundlagen
Nach Nr. 7001 VV RVG erhält der Rechtsanwalt die Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in voller Höhe. Ausgeschlossen hiervon sind nach der Anm. zu Nr. 7001 VV RVG nur die durch die Geltendmachung der Vergütung entstehenden Entgelte. Nach Nr. 7002 VV RVG kann der Rechtsanwalt eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (nachfolgend als Postentgeltpauschale bezeichnet) i.H.v. 20 % der Gebühren, höchstens jedoch i.H.v. 20 EUR berechnen. Werden Gebühren aus der Staatskasse gezahlt, sind nach Absatz 2 der Anm. zu Nr. 7002 VV RVG diese – und nicht die ggf. höheren Wahlanwaltsgebühren – für die Berechnung der Höhe der Postentgeltpauschale maßgeblich.
2. Begriff der Entgelte
Nach der bisherigen Rechtsprechung erforderte die Berechnung der Postentgeltpauschale den Anfall zumindest eines einzigen Postentgelts (s. OLG München JurBüro 1970, 242; LG Berlin JurBüro 1985, 1343). Das OLG Frankfurt hat darauf hingewiesen, dass diese Rechtsprechung in der Zeit entstanden sei, in der es Flatrates nicht gab und für jeden einzelnen Telefonanruf genau bemessene Entgelte zu entrichten waren. Hieraus rührt auch die Einstufung z.B. von Gerold/Schmidt/Müller-Rabe (RVG, 22. Aufl., Vorbem. 7 VV RVG Rn 10), wonach die Grundgebühr für Fernsprecher, Fernschreiber und Internet zu den allgemeinen Geschäftskosten i.S.v. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG fällt, die mit den Gebühren des Rechtsanwalts mit abgegolten werden.
Hieraus wird ersichtlich, dass Rechtsprechung und Literatur noch den Betrieb der Anwaltskanzlei bis etwa zur Jahrtausendwende im Auge haben: Der Rechtsanwalt schreibt einen Brief, steckt ihn in einen Briefumschlag, klebt eine Briefmarke darauf und sendet diesen Brief ab. Das Briefporto stellt dann das Postentgelt dar, das zum Ansatz der Postentgeltpauschale berechtigt. Demgegenüber berücksichtigt das OLG Frankfurt die anwaltliche Praxis, wie sie sich seit einigen Jahren darstellt: Der Rechtsanwalt kommuniziert regelmäßig mit elektronischen Medien wie etwa per E-Mail, Skype, Videotelefonie oder Mobiltelefon. Allen diesen elektronischen Kommunikationsmitteln ist gemeinsam, dass für die einzelne Kommunikation regelmäßig kein aussonderbares Entgelt anfällt, sondern bei den üblicherweise bestehenden Flatrate-Verträgen die einzelne Kommunikation mit dem hierfür geschuldeten Pauschalbetrag mit abgegolten ist. Damit ist dem Rechtsanwalt eine Aufschlüsselung einzelner Auslagen für die konkrete Kommunikation nicht möglich.
3. Fall des OLG Frankfurt
Aufgrund des ihm am 28.4.2016 erteilten Berechtigungsscheins für eine rechtliche Beratung bei einem Rechtsanwalt in einer näher bezeichneten sozialrechtlichen Angelegenheit suchte der Rechtsuchende den Rechtsanwalt X auf. Dieser schrieb ihm nach erster Prüfung eine umfangreiche E-Mail mit seinen Ausführungen und Einschätzungen zu den Erfolgsaussichten einer Klage. Ein postalischer Schriftverkehr zwischen dem Rechtsuchenden und dem Anwalt fand nicht statt.
Unter dem 19.5.2016 beantragte der Rechtsanwalt die Festsetzung der ihm aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie folgt:
1. |
Beratungsgebühr, Nr. 2501 VV RVG |
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35,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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7,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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+ 7,98 EUR |
Summe: |
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49,98 EUR |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) des zuständigen AG hat die Vergütung ohne Berücksichtigung der Postentgeltpauschale nebst anteiliger Umsatzsteuer i.H.v. nur 41,65 EUR festgesetzt. Dies hat sie damit begründet, die versandte E-Mail löse die geltend gemacht Postentgeltpauschale nicht aus. Auf die hiergegen von Rechtsanwalt X eingelegte Erinnerung hat das AG die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Dies hat das AG damit begründet, für den Anfall der Postentgeltpauschale komme es allein darauf an, dass die bei dem Anwalt vorhandene Einrichtung von Telekommunikationsmitteln benutzt werde.
Die gegen den amtsgerichtlichen Beschluss eingelegte – vom AG zugelassene – Beschwerde der Bezirksrevisorin hat das LG Frankfurt zurückgewiesen. Hierzu hat das LG ausgeführt, die Kommunikation mit dem Mandanten per E-Mail löse die Postentgeltpauschale aus. Dem stehe nicht entgegen, dass die Kosten für den Internetanschluss zu den allgemeinen Geschäftskosten gehörten und gem. Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG mit den Gebühren abgegolten seien. Denn der Rechtsanwalt habe hier keine Auslage für die Einrichtung der Kommunikationsanlage, sondern für die Kommunikation an sich geltend gemacht. Ob die von d...