Während die Corona-Krise fast jeder Branche Umsatzeinbußen beschert, verzeichnen die Anbieter von digitalen Lösungen, wie z.B. Videokonferenz-Software o.Ä., Zuwächse in ungeahnten Höhen. Das ist natürlich wenig überraschend, weil ja spätestens seit Anfang 2020 fast jedes Unternehmen weltweit die gleichen Probleme zu bewältigen hat und alle Mitarbeiter in die Home-Office-Tätigkeit umsiedelt, deren Aufgabenfeld dies zulässt. Und weil man sich dann nicht mehr persönlich im Besprechungsraum des Unternehmens treffen und die anstehenden Aufgaben besprechen kann, müssen digitale Lösungen her. Da geht es Anwaltskanzleien auch nicht anders – im Gegenteil, hier herrschen auch noch sehr strenge Vorgaben aufgrund der Sensibilität der verarbeiteten Daten. Zwar werden aufgrund der Corona-Einschränkungen Gerichtsverfahren und Behördentermine so weit wie möglich verschoben bzw. im schriftlichen Verfahren abgehandelt. Allerdings muss neben der Kommunikation mit Behörden und Ämtern, die zu einem gewissen Teil via beA erledigt werden kann, auch noch der Kontakt von Anwälten untereinander sowie zur Mandantschaft, zur Gegenseite und eventuell zu sonstigen Dritten sichergestellt werden.
Je nach Anforderung und je nach Art bzw. Umfang der zu bewältigenden Aufgabe gibt es unterschiedliche Tools, derer sich man bedienen kann. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg hat am 17.4.2020 eine Orientierungshilfe ("Datenschutzfreundliche technische Möglichkeiten der Kommunikation") veröffentlicht, die folgende, datenschutzfreundlichere Alternativen zu Videokonferenzen benennt:
- Telefon- oder Audiokonferenzen,
- Datenschutzfreundliche und sichere Messenger,
- E-Mail,
- Text-Chats,
- Werkzeuge zur gleichzeitigen Bearbeitung von Textdokumenten (z.B. Etherpad, Cryptpad oder Nextcloud).
Die Nutzung der "klassischen" Ausstattung, also Telefon und Fax, ist natürlich immer möglich. Auch E-Mails sind aus der täglichen Kommunikation von Anwälten längst nicht mehr wegzudenken. Allerdings haben diesbezüglich einige Datenschutz-Aufsichtsbehörden Bedenken, sodass sie ausschließlich transport- und inhaltsverschlüsselte E-Mails als zulässig ansehen; andere verlangen dies lediglich beim Versand von sensiblen Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Heutzutage kann man davon ausgehen, dass so gut wie alle E-Mail-Provider eine taugliche Transportverschlüsselung implementiert haben, d.h. der Übertragungsweg der E-Mail von einem zum anderen Server ist abgesichert. Die Krux liegt in der Regel bei der Verschlüsselung der Mail-Inhalte, also dem Text, der dort hineingeschrieben wird, sowie den ggf. angehängten Dateien. Lässt sich das Problem der Absicherung der Dateianhänge noch vergleichsweise einfach lösen, indem z.B. PDF-Dateien oder in ein ZIP-Archiv verpackte Dateien mit einem Passwortschutz versehen werden, ist die Absicherung des eigentlichen Mail-Textes schon etwas schwieriger. Denn hierzu müssen sich Absender und Empfänger vorab auf eine Verschlüsselungsmethode einigen, deren Umsetzung in jedem Fall einiges IT-Fachwissens bedarf. Zudem zeigt die Erfahrung, dass nur ein sehr geringer Anteil der Mandanten, egal ob Privatperson oder Unternehmer, dazu bereit ist, solche Werkzeuge einzusetzen. Aufzwängen kann und muss der Anwalt dies seinem Mandanten nicht (vgl. § 2 Abs. 2 S. 5, 6 BORA). Unter Umständen bietet die ohnehin genutzte Anwaltssoftware eine Lösung (wie z.B. RA-MICRO), mit der Inhalte auf elektronischem Weg verschlüsselt zwischen Anwalt und Mandant ausgetauscht werden können. Prinzipiell kann eine sichere Kommunikation mit dem Mandanten auch per beA stattfinden. Hierfür muss der Mandant ein sog. EGVP-Bürgerpostfach beantragen und eine passende Software (z.B. Governikus Communicator) installieren. Die Bereitschaft dazu tendiert unter Mandanten allerdings gegen Null, so jedenfalls die Erfahrungen des Autors. In der Praxis kommt hingegen sehr viel häufiger die Frage: "Kann ich Ihnen auch eine WhatsApp schicken?". Die einzig richtige Antwort hierauf sollte "Nein" lauten. Ohne datenschutz- bzw. berufsrechtlich zu tief in die Problematik einsteigen zu wollen, kann der Einsatz von WhatsApp auf von Anwältinnen und Anwälten beruflich genutzten Smartphones nicht empfohlen werden. Auch wenn man dies mit einigem technischen Aufwand halbwegs datenschutzkonform hinbekommt, die meisten Aufsichtsbehörden stehen dem sehr kritisch gegenüber. Wenn schon eine Kommunikation mit dem Mandanten per Messenger sein soll oder muss, dann sollte wenigstens eine sicherere Alternativ zum Einsatz kommen, wie z.B. Threema oder Signal.
Auch Apple Facetime oder Skype (Microsoft) sind nicht selten in der engeren Auswahl, gerade dann, wenn man nicht nur mit dem Mandanten sprechen, sondern ihm ggf. auch etwas per Videokamera oder auf dem eigenen Bildschirm zeigen möchte. Allerdings muss auch hierbei berücksichtigt werden, dass die genannten Tools zwar weit verbreitet, sehr praktisch und einfach zu bedienen sind, dass aber deren Hersteller in den USA sitzen und auch dor...