I. Vorbemerkung
Für eine Kündigung von Arbeitnehmern, die den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genießen, benötigt der Arbeitgeber einen sozialen Rechtfertigungsgrund gem. § 1 Abs. 2 KSchG. Eine Kündigung kann gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein, wenn sie durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers bedingt ist. Bei einer solchen personenbedingten Kündigung liegt der Kündigungsgrund folglich – wie die Bezeichnung bereits verrät – in der Person des Arbeitnehmers selbst. Sie ist möglich, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten oder deren Nichtvorliegen seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht nur vorübergehend, sondern für eine gewisse Dauer nicht erbringen kann. Der vorliegende Beitrag soll die Gründe und Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung näher beleuchten und stellt insb. – als praxisrelevantesten Fall der personenbedingten Kündigung – die sog. krankheitsbedingte Kündigung dar.
II. Gründe einer personenbedingten Kündigung
Eine gesetzliche Definition für eine personenbedingte Kündigung gibt es nicht. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 23.5.2013 – 2 AZR 120/12, NZA 2013, 1211, Rn 21 m.w.N.) kommen Umstände in Betracht, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen, Fähigkeiten oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle” beruhen. Eine personenbedingte Kündigung setzt deshalb voraus, dass dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die notwendigen Voraussetzungen und somit die Eignung zur Ausübung seiner Arbeitstätigkeit fehlen. Dabei wird zwischen objektiven und subjektiven Leistungsmängeln unterschieden.
Objektive Leistungsmängel sind z.B.:
- Krankheit,
- fehlende berufliche Zulassung,
- Entzug der Fahrerlaubnis,
- Verlust der Arbeitserlaubnis,
- Freiheitsstrafe und Untersuchungshaft für eine verhältnismäßig erhebliche Zeit.
Hinweis:
Ein angestellter Rechtsanwalt kann folglich personenbedingt gekündigt werden, wenn er seine Zulassung dauerhaft verliert.
Subjektive Leistungsmängel können z.B. durch unüberwindbare Glaubenshindernisse oder erhebliche Lohnpfändungen bei Arbeitnehmern mit Vermögensbetreuungspflichten entstehen.
Führen personenbedingte Gründe zu einer schweren dauerhaften Störung des Arbeitsverhältnisses, können sie eine Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer auf Dauer auf seinem Arbeitsplatz nicht mehr eingesetzt werden kann und es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer gibt. Dabei ist nicht von Relevanz, ob der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung zuvor besessen hat.
III. Abgrenzung zur verhaltensbedingten Kündigung
Die personenbedingte Kündigung setzt im Gegensatz zu der verhaltensbedingten Kündigung kein Verschulden des Arbeitnehmers i.S.e. persönlichen Vorwerfbarkeit voraus (vgl. BAG, Urt. v. 8.9.2011 – 2 AZR 543/10, NZA 2020, 443 Rn 17). Bei personenbedingten Gründen kann der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen, während er bei verhaltensbedingten Gründen seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen will. Für eine personenbedingte Kündigung ist folglich maßgeblich, dass der Arbeitnehmer die fehlende Eignung zur Erfüllung des Arbeitsvertrags nicht oder nicht mehr steuern kann. Der Arbeitnehmer darf keinen Einfluss auf die fehlende Eignung oder Fähigkeit haben.
Merke:
Zur Abgrenzung zwischen der personen- und der verhaltensbedingten Kündigung hilft die folgende Frage: Kann der Arbeitnehmer nicht oder will er nicht?
Die Unterscheidung zwischen „nicht können” und „nicht wollen” ist wesentlich für die Frage, ob vor Ausspruch einer Kündigung eine vorherige Abmahnung erforderlich ist. Im Falle einer personenbedingten Kündigung ist eine Abmahnung als milderes Mittel gegenüber der Kündigung i.d.R. nicht erforderlich. Denn sie verspricht keinen Erfolg, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, den Kündigungsgrund zu ändern. Eine Abmahnung könnte daher nicht vor weiteren Pflichtverstößen warnen.
Beispiel:
Vor einer krankheitsbedingten Kündigung ist keine Abmahnung notwendig, weil den Arbeitnehmer keine Schuld an den krankheitsbedingten Fehlzeiten trifft.
Andererseits sind Konstellationen denkbar, in denen der Arbeitnehmer in der Lage ist, die fehlende Fähigkeit und Eignung (wieder) zu erlangen. In solchen Fällen kommt eine Abmahnung als milderes Mittel in Betracht, um den Arbeitnehmer zur Behebung der Störung des Arbeitsverhältnisses zu veranlassen.
Beispiel:
Ein ausländischer Arbeitnehmer besitzt keine Arbeitserlaubnis mehr. Er kann die Verlängerung einer Arbeitserlaubnis beantragen.
IV. Voraussetzungen der personenbedingten Kündigung
Zunächst muss der Grund für die Kündigung in der Person des Arbeitgebers liegen. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen unter II. zu verweisen. Sodann unterliegt eine personenbedingte Kündigung grds. einer dreistufigen Prüfung (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.7.2019 – 15 Sa 2498/18, juris Rn 28).
1. Negative Prognose
Die personenbedingte Kündigung ist keine Sanktion für vergangene Störungen des Arbeitsverhältnisses, sie soll vielmehr zukünftige unzumutbare Belastungen des Arbeitgebers vermeiden. Auf der ersten Stufe kom...