Zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten besteht anerkanntermaßen eine besondere (Vertrauens-)Beziehung. Wird diese gestört, ist die weitere Zusammenarbeit kaum möglich, weshalb Anwaltsverträge grds. jederzeit und ohne Angabe von Gründen gem. § 627 Abs. 1 BGB gekündigt werden können. Wenngleich dem Dienstverpflichteten in der Folge grds. nur ein Teilvergütungsanspruch nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB zusteht, ist der Rechtsanwalt aufgrund der Sonderregelung des § 15 Abs. 4 RVG auch bei vorzeitiger Mandatsbeendigung regelmäßig berechtigt, bereits ausgelöste Gebühren in voller Höhe zu verlangen. Denn gem. § 15 Abs. 4 RVG ist es auf einmal entstandene Gebühren des Anwalts ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.
Kündigt der Anwalt allerdings, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des Mandanten dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Mandanten, so hat er gem. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB eine Vergütungsherabsetzung insoweit hinzunehmen, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Mandanten kein Interesse haben.
Hinweis:
Von einem Interessenfortfall ist auszugehen, wenn der Mandant einen anderen Anwalt beauftragen muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen (BGH NJW-RR 2017, 374, Rn 7; dazu Aly, a.a.O., S. 322 ff.).
Kommt es zur vorzeitigen Beendigung des Mandatsverhältnisses, so hat dies jedoch nicht allein im Verhältnis der ehemaligen Vertragspartner zueinander Konsequenzen. In der Praxis wird die Thematik der §§ 627, 628 BGB für Dritte insb. dann relevant, wenn die im Prozess obsiegende Partei nicht mehr nur die Kosten eines, sondern nun auch die eines zweiten, infolge der Kündigung neubeauftragten Rechtsanwalts ersetzt verlangt (s.u. II.). Auch für den beigeordneten Rechtsanwalt sind die Vorschriften von Bedeutung, wenn es darum geht, inwieweit ihm nach der vorzeitigen Mandatsbeendigung noch ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zusteht (s.u. III.). Da diese Fragen im Schrifttum bisher weitestgehend außer Acht gelassen wurden, bemüht sich dieser Beitrag um eine grundlegende Klärung des Verhältnisses zwischen den Regelungen aus §§ 627, 628 BGB, § 91 ZPO und § 54 RVG.